Polizei darf nicht eigenmächtig über Zulässigkeit von Tätowierungen entscheiden
Die Berliner Polizeiführung darf Bewerber nicht nach eigenem Ermessen wegen deren Tätowierungen ablehnen, sofern es dabei primär um ästhetische Erwägungen geht. Das entschied das Oberverwaltungsgericht (OVG) Berlin-Brandenburg in einem am Montag veröffentlichten Beschluss unter Verweis auf die Gewaltenteilung. Es sei Aufgabe des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Größen und Darstellungen mit den Anforderungen an Beamte und "den berechtigten Erwartungen der Bevölkerung an die Polizei vereinbar" seien. (Az. OVG 4 S. 52.18)
Die Polizeibehörde darf nach Einschätzung der Richter zwar selbst entscheiden, sofern Tätowierungen von Bewerbern gegen Strafgesetze verstoßen oder Zweifel daran auslösen, dass diese "jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung mitsamt den dort geregelten Menschenrechten eintreten". In allen sonstigen Fälle aber dürfe sie eine etwaige "parlamentarische Debatte" über die Ausgestaltung derartiger Regelungen nicht einfach vorwegnehmen.
Aufgrund der Entscheidung muss die Polizei den Antragsteller weiter am Auswahlverfahren zur Einstellung in den Polizeidienst teilnehmen lassen. Laut Gericht hat er eine großflächige Unterarmtätowierung, die beim Tragen einer kurzärmeligen Sommeruniform sichtbar wäre.
Die Berliner Verwaltungsrichter beriefen sich dabei auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von 2017. Identische Entscheidungen fällten sie in ähnlich gelagerten Fällen bereits früher. Auch das nordrhein-westfälische OVG in Münster gab vor wenigen Monaten einem Polizeibewerber mit derselben Begründung recht. Die Exekutive habe keinen Ermessensspielraum und sei darauf angewiesen, dass das Parlament die Kriterien in einem Gesetz regle.
(L. Andersson--BTZ)