Lebensgefährliche Kälte hält Teile der USA weiter umklammert
Eine brutale Kältewelle hält große Teile der USA weiterhin im Klammergriff. Mindestens zehn Menschen kamen laut US-Medien bis Donnerstag infolge der arktischen Temperaturen ums Leben. Das öffentliche Leben blieb im Mittleren Westen des Landes großteils lahmgelegt. Auch kam es weiterhin zu massiven Störungen des Zug- und Flugverkehrs sowie der Strom- und Wasserversorgung.
Zu den gemeldeten Kältetoten gehörte ein 18-jähriger Student im Bundesstaat Iowa. Er wurde am Mittwoch auf einem Universitätscampus in Iowa City gefunden. Der Nationale Wetterdienst der USA warnte die Bewohner der betroffenen Gebiete, der eisige Wind könne bereits binnen fünf Minuten Erfrierungen an ungeschützter Haut verursachen. "Es gibt Kälte und es gibt KÄLTE", erklärte die Behörde. "Eine extreme und gefährliche KÄLTE."
"Die Temperaturen sind lebensgefährlich und wir müssen dementsprechend handeln", sagte auch der Bürgermeister von Chicago, Rahm Emanuel. In der drittgrößten Stadt des Landes war die Temperatur am Mittwoch auf den zweitniedrigsten jemals gemessenen Wert gesunken - minus 31 Grad. Wegen des Windes lag die gefühlte Temperatur dort zeitweise sogar bei minus 46 Grad.
Für die etwa 16.000 Obdachlosen der als "Windy City" (Windige Stadt) bezeichneten Metropole im Bundesstaat Illinois richteten die Behörden mehr als 270 Wärmestuben ein. Dafür wurden neben Amtsgebäuden und Bibliotheken auch Polizeiwachen genutzt. "Es fühlt sich fast wie Trockeneis an", sagte der 31-jährige Leon Gilbert, der trotz der Kälte zur Arbeit in einem Café im Zentrum von Chicago erscheinen musste. "Ich fühle, wie sich meine Haut zusammenzieht."
Viele Geschäfte, Firmen, Behörden und Schulen blieben jedoch auch am Donnerstag geschlossen. Auch fielen weiterhin zahlreiche Flüge aus - allein in Chicago waren es bis Donnerstagvormittag (Ortszeit) mehr als 1600. Das Bahnunternehmen Amtrak leitete aber in Chicago langsam wieder den Betrieb ein, nachdem es seinen Verkehr am Mittwoch in der Stadt eingestellt hatte.
In den Bundesstaaten Michigan und Minnesota drohten wegen der auf Hochtouren laufenden Heizungen Engpässe in der Versorgung mit Erdgas. Die Lage wurde durch einen Brand in einer Gasanlage in Michigan noch verschärft. Die örtlichen Behörden forderten die Verbraucher auf, ihre Heizregler herunterzudrehen.
Die arktische Kältewelle sorgte auch für kuriose Phänomene. Über dem riesigen Michigan-See stieg Dampf auf, weil kalte Luftmassen über das wärmere Seewasser zogen. Teile der gewaltigen Niagara-Fälle waren eingefroren.
Linderung war immerhin ab Freitag in Sicht. Der Nationale Wetterdienst sagte voraus, dass die Temperaturen im Mittleren Westen dann langsam steigen würden.
Ursache der extremen Kältewelle war arktische Luft, die sich von dem normalerweise um den Nordpol kreisenden sogenannten Polarwirbel gelöst hatte. Für diese Abspaltung könnte laut einer wissenschaftlichen These die Klimaerwärmung verantwortlich sein.
US-Präsident Donald Trump, der nichts von Klimaschutzmaßnahmen hält, hatte allerdings wegen der Kältewelle den Klimawandel erneut angezweifelt. "Was zum Teufel ist mit der Erderwärmung los? Bitte komm schnell zurück, wir brauchen dich", spottete er am Dienstag im Kurzbotschaftendienst Twitter. Die Nationale Meeres- und Atmosphärenbehörde (NOAA) merkte an, Winterstürme seien "kein Beweis dafür, dass es keine globale Erwärmung gibt".
(F. Schulze--BTZ)