Frauen verschaffen sich mit Polizei Zutritt zu Hindu-Tempel in Indien
Mit Hilfe der Polizei haben sich zwei Inderinnen Zutritt zu einem heiligen Hindu-Tempel im Süden des Landes verschafft, der bis vor kurzem für Frauen im gebärfähigen Alter verboten war. Nach Behördenangaben betraten sie am Mittwoch kurz vor Sonnenaufgang heimlich unter Polizeischutz den Sabarimala-Tempel im Bundesstaat Kerala und verließen später das Heiligtum unentdeckt. Ihre Aktion sorgte für heftige Proteste erzkonservativer Hindus, der Tempel wurde anschließend einem "Reinigungsritual" unterzogen.
Auf Videoaufnahmen war zu sehen, wie die beiden Frauen, Kanaka Durga und Bindu, in schwarzen Gewändern mit gesenkten Köpfen in den Tempel eilen. Sie seien nicht über die "18 heiligen Stufen" zu dem Tempel gelangt, sondern über den Personalzugang, berichteten sie anschließend. Kurz nach Bekanntwerden der Aktion ordnete der oberste Priester die Schließung des Tempels an, um ein "Reinigungsritual" vorzunehmen. Nach einer Stunde wurde er wieder geöffnet.
Der Sabarimala-Tempel ist einer der heiligsten Tempel der Hindus. Das Oberste Gericht des Landes hatte im vergangenen September nach einem jahrelangen Rechtsstreit das Zutrittsverbot für Frauen zwischen zehn und 50 Jahren zu dem Tempel aufgehoben. Frauenaktivistinnen versuchten seither immer wieder vergeblich, zu dem auf einem Berg gelegenen Schrein für den Gott Ayyappa zu gelangen. Sie wurden jedoch stets von Hindu-Traditionalisten abgehalten. Dabei kam es im Oktober auch zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit der Polizei, mehr als 2000 mutmaßliche Randalierer wurden festgenommen.
Auch am Mittwoch gab es wieder heftige Proteste gegen die Aktion der Frauen. Vor dem Parlament in Keralas Hauptstadt Thiruvananthapuram kam es zu gewalttätigen Zusammenstöße. Die Polizei setzte Tränengas, Wasserwerfer und Blendgranaten gegen die Demonstranten ein. Auch aus anderen Städten des Bundesstaats wurden Proteste gemeldet. Erzkonservative Hindus kritisierten die Unterstützung der Behörden für die Frauen.
Am Dienstag hatten hunderttausende Frauen eine kilometerlange Menschenkette durch Kerala gebildet, um der Forderung nach Zutritt zum Tempel Nachdruck zu verleihen. Die Nachricht von den beiden Frauen, denen der Zutritt zum Tempel gelang, wurde von der Solidaritätsbewegung begeistert aufgenommen.
Gegen die Entscheidung des Obersten Gerichts legten zahlreiche konservative Hindu-Bewegungen sowie die hinduistisch-nationalistische Bharatiya Janata Partei (BJP) von Regierungschef Narendra Modi Widerspruch ein. Sie fechten das Urteil mit der Begründung an, es ignoriere die traditionelle Überzeugung, wonach Ayyappa im Zölibat lebte. Für den 22. Januar ist eine Gerichtsanhörung der Urteilsgegner vorgesehen.
(M. Tschebyachkinchoy--BTZ)