Medizin: US-Ärzte warnen vor Crowdfunding für umstrittene Therapien
US-Forscher schlagen Alarm: Allein in den USA und Kanada sammeln Patienten per Crowdfunding nach ihren Angaben jährlich Millionen von Dollar für nutzlose und manchmal sogar gefährliche Therapien ein. "Im besten Fall ist es herausgeworfenes Geld, im schlimmsten Fall richtet es schweren Schaden an", warnten sie am Dienstag auf der Website healthaffairs.org.
Zwischen 2015 und 2017 hätten mehr als tausend derartige Online-Spendenkampagnen umgerechnet fast sechs Millionen Euro eingebracht, berichteten die Forscher im Journal of the American Medical Association (JAMA). Die Spendenaufrufe erbaten demnach Summen von einigen hundert Euro bis zu mehr als 350.000 Euro - allerdings wurden die Höchstsummen nur selten erreicht.
Für ihre Untersuchung beschränkten sich die Forscher auf vier Crowdfunding-Plattformen und auf fünf umstrittene Behandlungsmethoden: Naturheilverfahren oder Homöopathie bei Krebs, Hyperbare Sauerstofftherapie bei Hirnverletzungen, Stammzelltherapie bei Hirn- oder Rückenmarksverletzungen sowie langfristige Antibiotika-Therapie bei chronischer Borreliose.
Statt gesund zu werden, setzten sich die Patienten bei einigen dieser Therapien "echten Gefahren" aus, warnte der Co-Autor der Studie, Ford Vox. So ist das Risiko, an Krebs zu sterben, laut einer Studie aus dem vergangenen Jahr bei einer rein homöopathischen oder naturheilkundlichen Behandlung fünfmal höher als bei Chemotherapien oder anderen klassischen Verfahren.
Stammzelltherapien bei Hirn- oder Rückenmarksverletzungen würden zwar derzeit erprobt, doch seien derartige klinische Versuche kostenlos und mit strikten Auflagen verbunden, sagte Fox nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in enem aktuellen InterviewP: "Somit ist es eindeutig ein Warnsignal, wenn Patienten sagen, sie sammeln Geld für experimentelle Stammzellbehandlungen."
Kliniken, die derartige Injektionen anböten, "spielen mit dem Feuer", fügte der Experte für Hirnverletzungen hinzu. Sie riskierten bei den Patienten Schlaganfälle, Tumore, Infektionen, Hirnhautentzündung und andere "schmerzhafte Leiden". Patienten, die ihren Krebs allein mit Homöopathie und Naturheilverfahren bekämpfen wollten, riskierten gar ihr Leben, sagte Fox.
Ärzte, die derartige Therapien im Internet anboten, fanden die Forscher in insgesamt acht Ländern, darunter auch in Deutschland. Das Internet erleichtere den Kontakt, warnen sie: "Die Leute lesen etwas online, springen drauf an und starten eine Online-Spendenkampagne, ohne ihren Arzt zu konsultieren." Auf diese Weise kämen auch höhere Beträge rasch zusammen, die "einfache Menschen normalerweise nicht hätten aufbringen können".
(U. Schmidt--BTZ)