Meerbusch: Menschliches Versagen war die Ursache für Zugunglück
Rund zehn Monate nach dem Zugunglück im nordrhein-westfälischen Meerbusch mit mehr als 40 Verletzten haben Ermittler menschliches Versagen als mutmaßliche Ursache identifiziert. Bundespolizei und Staatsanwaltschaft werfen zwei Fahrtdienstleiterinnen nach eigenen Angaben vom Dienstag Fehler bei der Bedienung des Kontrollsystems und bei der Kommunikation untereinander und mit einem der Zugführer vor.
Bei dem Unglück vom 5. Dezember 2017 war ein mit 200 Passagieren besetzter Regionalzug nahe der Gemeinde bei Düsseldorf auf einen Güterzug aufgefahren. Dutzende Reisende und der Lokführer wurden verletzt, Teile des Güterzugs entgleisten. Bundespolizei und Staatsanwaltschaft in Düsseldorf ermitteln unter anderem wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung gegen die zwei Fahrtdienstleiterinnen, die den Streckenabschnitt überwachten.
Nach dem nun vorliegenden Ergebnis von Expertenuntersuchungen führte mehrere mutmaßliche Fehler der Frauen dazu, dass der Personenzug irrtümlich in den von dem Güterzug blockierten Streckenabschnitt einfuhr. Diese waren demnach selbst davon ausgegangen, dass der Abschnitt frei war. Eine der Beschuldigten gab dem Lokführer sogar die Erlaubnis zur Weiterfahrt, obwohl eine automatische Signalanlage den Zug zunächst noch stoppte.
Die Kette der Fehler begann demnach damit, dass die beiden zur Unglückszeit diensthabenden Mitarbeiterinnen in den betroffenen Stellwerken der Bahn dem Güterzug falsche Zugnummern zuwiesen und Fehlermeldungen des Streckenkontrollsystems ignorierten, weil sie dies für eine technische Störung hielten. In der Folge hatten sie falsche Vorstellungen davon, wo sich welche Züge befanden und ob die betroffenen Gleisbereiche aktuell frei waren oder nicht.
Eine der Frauen erlaubte der nachfolgenden Regionalbahn daher die Weiterfahrt auf den Streckenabschnitt bei Meerbusch, obwohl sich dort tatsächlich noch der Güterzug befand. Als der Passagierzug von einem automatischen Haltesignal gestoppt wurde, hielt sie dies für einen Fehler und erlaubte dem Zugführer per Funk und Betätigung eines Alternativsignals, seine Fahrt doch fortzusetzen.
Dabei unterließ sie es nach der Einschätzung der Ermittler zudem, den für derartige Fälle als zusätzliche Sicherungsmaßnahme vorgeschriebenen Befehl zum langsamen Fahren "auf Sicht" zu geben. Statt auf maximal 40 Stundenkilometer zu beschleunigen und damit jederzeit anhaltebereit zu sein, war der Zug deshalb mit bis zu 120 Stundenkilometern unterwegs. Als der Lokführer den Güterzug sah, konnte er trotz Notbremsung nicht mehr stoppen.
Polizei und Staatsanwaltschaft stützten sich nach eigenen Angaben auf die Erkenntnisse von Gutachtern und Analysen der Bundesstelle für Eisenbahnunfalluntersuchung. Wann die Ermittlungen beendet sein werden und möglicherweise in Anklagen münden, war zunächst unklar.
(P. Hansen--BTZ)