Schweden: Chemie-Nobelpreis für die "Kontrolle über die Evolution"
Sie haben die "Kontrolle über die Evolution erlangt" und werden dafür mit dem Chemie-Nobelpreis ausgezeichnet: Die US-Forscher Frances H. Arnold und George P. Smith sowie der Brite Gregory P. Winter teilen sich in diesem Jahr den renommierten Preis für ihre bahnbrechenden Entdeckungen zum "größten Nutzen der Menschheit", wie die Königliche Akademie der Wissenschaften am Mittwoch in Stockholm mitteilte. Sie hätten mit den Prinzipien der Evolution neuartige Proteine unter anderem für Biokraftstoffe und Medikamente entwickelt.
Die 62-jährige Arnold erhält demnach die eine Hälfte des Nobelpreises. Sie ist die fünfte Chemikerin, der diese Auszeichnung zuteil wird. Der 77 Jahre alte Smith und der 67-jährige Winter erhalten die andere Hälfte des Preises, der mit insgesamt neun Millionen schwedischen Kronen (870.000 Euro) dotiert ist.
Die drei Forscher "setzten die Prinzipien von Darwin in Teströhren ein", erläuterte Glaes Gustafsson, Chef des Nobel-Komitees für Chemie. Dafür nutzten sie "das molekulare Verständnis, das wir vom Evolutionsprozess haben, und bildeten den Prozess in ihren Laboren nach". Es sei ihnen gelungen, die Evolution "viele tausend Mal schneller zu machen" und so "umzuleiten", dass neue Proteine entstehen.
Arnold ist alleinerziehende Mutter von drei Söhnen und überlebte eine Erkrankung an Brustkrebs. Sie arbeitet als Professorin für Chemieingenieurwesen am California Institute of Technology in den USA und entwickelte eine besondere Methode, DNA-Codes umzuschreiben und damit evolutionäre Vorgänge nachzuahmen.
Smith von der University of Missouri in den USA und Winter vom Labor für Molekularbiologie im britischen Cambridge erfanden dem Nobel-Komitee zufolge eine "elegante Methode" namens Phagen-Display. Dabei werde ein Virus, der Bakterien infiziert, zur Entwicklung neuer Proteine eingesetzt. Die Forschungen von Smith und Winter führten demnach zur Entwicklung neuer Behandlungsmethoden gegen Gelenkrheumatismus.
Im vergangenen Jahr waren der Schweizer Jacques Dubochet, der aus Deutschland stammende US-Forscher Joachim Frank und der Brite Richard Henderson für ihre Beiträge zur Entwicklung der Kryo-Elektronenmikroskopie ausgezeichnet worden, einer Methode zur besseren Darstellung von Biomolekülen.
Mit dem Medizin-Nobelpreis begann am Montag wie jedes Jahr der Nobelpreis-Reigen. Er ging an die beiden Krebsforscher James P. Allison von der Universität Texas und Tasuku Honjo von der Universität Kyoto.
Den Physik-Nobelpreis teilten sich am Dienstag drei Wissenschaftler für ihre bahnbrechenden Entdeckungen im Bereich der Laserforschung: Der US-Wissenschaftler Arthur Ashkin, der französische Forscher Gérard Mourou sowie ihre kanadische Kollegin Donna Strickland. Am Freitag wird der Friedensnobelpreis und am kommenden Montag der Wirtschaftsnobelpreis vergeben.
Die Bekanntgabe des Literaturnobelpreisträgers fällt in diesem Jahr wegen eines Vergewaltigungsskandals im Umfeld der Schwedischen Akademie aus. Sie soll im kommenden Jahr nachgeholt werden. Traditionell werden die Preise am 10. Dezember, dem Todestag von Stifter Alfred Nobel, verliehen.
(Y. Rousseau--BTZ)