Emmanuelle Seigner schlägt Aufnahme in Oscar-Akademie in offenem Brief aus
Die französische Schauspielerin Emmanuelle Seigner hat ihre Aufnahme in die Oscar-Akademie wegen deren Umgangs mit ihrem Ehemann, Star-Regisseur Roman Polanski, ausgeschlagen. In einem offenen Brief, den die Sonntagszeitung "Journal du Dimanche" veröffentlichte, erinnerte Seigner daran, dass die Academy of Motion Picture Arts and Sciences ihren Mann im Zuge der #MeToo-Debatte wegen eines Vergewaltigungsfalls in den 70er Jahren Anfang Mai hinausgeworfen hatte.
Die Akademie wolle sie mit anderen Schauspielerinnen in ihre Ränge aufnehmen, um Frauen mehr Mitsprache in dem Gremium zu geben, sagte Seigner. Natürlich setze sie sich für die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ein und sei "schon immer" Feministin gewesen - "aber wie könnte ich so tun, als wüsste ich nicht, dass die Akademie vor einigen Wochen meinen Mann Roman Polanski vor die Tür gesetzt hat, um den Zeitgeist zu befriedigen", sagte die Schauspielerin.
"Die selbe Akademie, die ihn 2003 für Der Pianist mit dem Oscar als besten Regisseur ausgezeichnet hat. Seltsame Amnesie!", hielt Seigner der Academy vor. Diese denke "wahrscheinlich, dass ich eine ausreichend karriereorientierte Schauspielerin ohne Charakter bin, um zu vergessen, dass sie seit 29 Jahren mit einem der größten Regisseure verheiratet ist".
Sie liebe ihren Mann, den Vater ihrer Kinder, der nun wie ein Paria behandelt werde, schrieb Seigner. Das Angebot der Oscar-Akademie an sie sei eine "unerträgliche Heuchelei". Sie als Polanskis Ehefrau sei "die einzige", die wisse, wie sehr ihr Mann "bedauert, was sich vor 40 Jahren ereignet hat".
Der in Frankreich lebende Roman Polanski wird in den USA wegen Geschlechtsverkehrs mit einer Minderjährigen polizeilich gesucht. Er hatte zugegeben, 1977 die damals 13-jährige Samantha Geimer unter Drogen gesetzt und sie dann sexuell missbraucht zu haben. Im folgenden Jahr floh er aus den USA.
Ein Gericht in Kalifornien lehnte im vergangenen August die Einstellung des Verfahrens ab. Im Zuge des Missbrauchs-Skandals um den früher mächtigen Filmproduzenten Harvey Weinstein waren gegen Polanski neue Vorwürfe laut geworden.
Im 54-köpfigen Aufsichtsrat der Oscar-Akademie sitzen einige der bekanntesten Gesichter Hollywoods, darunter etwa Regisseur Steven Spielberg und die Schauspieler Tom Hanks und Whoopie Goldberg. Als Konsequenz aus dem Weinstein-Skandal hatte die Akademie für ihre mehr als 6000 Mitglieder einen Verhaltenskodex formuliert.
(A. Bogdanow--BTZ)