"Fliegendes Gehirn" zur Internationalen Raumstation gestartet
Der deutsche Astronaut Alexander Gerst bekommt auf der Internationalen Raumstation einen "Cyberkollegen": Der Technologiedemonstrator "Cimon" ist am Freitag um 11.42 Uhr deutscher Zeit mit einer Falcon-9-Trägerrakete vom US-Weltraumbahnhof Cape Canaveral zur ISS gestartet, wie das Deutsche Raumfahrtzentrum DLR in Köln mitteilte. An Bord der Dragon-Kapsel befinden sich zudem sechs weitere vom DLR gemanagte Experimente für Gersts "Horizons"-Mission.
Mit "Cimon" erhält die sechsköpfige ISS-Crew ein siebtes, mechanisches Besatzungsmitglied: Bei dem Roboter handelt es sich laut DLR um den weltweit ersten fliegenden und autonom agierenden Astronautenassistenten mit einer künstlichen Intelligenz. "Cimon" kann mit seinen Kameras, Sensoren, Mikrofonen und Prozessoren nicht nur "sehen", "hören", "verstehen" und "sprechen" - er kann auch vielfältige Informationen sowie Experiment- und Reparaturanleitungen darstellen und erklären.
Auch für einfache Routinearbeiten wie das Dokumentieren von Experimenten oder die Suche nach Objekten ist "Cimon" vorgesehen, wie das DLR weiter mitteilte. Der Assistent ist demnach sprachgesteuert, der Astronaut kann also mit seinen Händen Arbeiten verrichten, während er auf die Dienste des "Cyberkollegen" zugreift.
"Cimon" ist rund, hat einen Durchmesser von 32 Zentimetern und wiegt auf der Erde fünf Kilogramm. Sein robotisches Vorbild war laut DLR in den 80er Jahren Professor Simon Wright aus der Zeichentrickserie "Captain Future" - viele Science-Fiction-Fans werden sich an das "fliegende Gehirn" mit Sensoren, Kameras und einem Sprachprozessor erinnern.
Für Beweglichkeit in alle Richtungen sorgen bei "Cimon" zwölf interne Ventilatoren - damit kann er frei fliegen und Rotationsbewegungen wie etwa Nicken oder Kopfschütteln ausführen. Auf der "Horizons"-Mission von Gerst wird das System nun erstmalig eingesetzt und getestet.
Zu den weiteren Experimenten, die neben dem Astronautenassistenzsystem am 2. Juli mit der unbemannten Dragon-Kapsel die ISS erreichen sollen, zählt auch ein neues Erdbeobachtungsinstrument: Das Spektrometer "Desis" ist ein System für Umweltmonitoring und Präzisionslandwirtschaft. Es wird künftig von der ISS ein breites Spektrum an Daten zur Erde senden.
Diese Daten ermöglichen es dem DLR zufolge, Veränderungen im Ökosystem der Erdoberfläche wahrzunehmen. Anhand dieser Informationen können Wissenschaftler den Gesundheitszustand von Wäldern oder landwirtschaftlichen Flächen beurteilen und Ertragsprognosen treffen. Ein weiterer Anwendungszweck von "Desis" ist die Sicherung und Verbesserung des weltweiten Nahrungsmittelanbaus.
Der als Astro-Alex bekannt gewordene Gerst war am 6. Juni zu seinem zweiten Langzeitaufenthalt auf der ISS gestartet und hatte die Raumstation zwei Tage später erreicht. Auf dem Programm seiner Mission "Horizons" stehen laut DLR insgesamt 151 Experimente, davon 41 mit deutscher Beteiligung. Gerst wird bis Dezember auf der Raumstation bleiben und als erster Deutscher im Oktober das Kommando auf der ISS übernehmen.
(N. Lebedew--BTZ)