Wieder war es ein Flüchtling, wieder Mord und Vergewaltigung
Der gewaltsame Tod der 14-jährigen Susanna aus Mainz hat deutschlandweit für Bestürzung gesorgt. Die vor zwei Wochen vermisst gemeldete Jugendliche wurde vergewaltigt und getötet, wie die Ermittler in Wiesbaden am Donnerstag mitteilten. Zunächst war von zwei mutmaßlichen Tätern die Rede. Ein zunächst festgenommener 35-jähriger Türke wurde am gestrigen Freitagabend wieder freigelassen. Ein tatverdächtiger 20-jähriger Flüchtling soll sich mit falschen Papieren unterdessen in den Irak abgesetzt haben.
Angesichts von im Laufe des Nachmittags gewonnenen Ermittlungsergebnissen bestehe kein dringender Tatverdacht mehr gegen den 35-jährigen Türken, teilte die Polizei in Wiesbaden am Donnerstagabend mit. Die Staatsanwaltschaft habe daher ihren Haftbefehlsantrag bei einem Termin beim Ermittlungsrichter zurückgenommen.
Die Wiesbadener Kriminalpolizei bat in der Mitteilung erneut um Zeugenhinweise zu der Tat, die am 22. oder 23. Mai begangen worden sein soll. Am Donnerstag hatte es zunächst geheißen, zwei Männer würden verdächtigt, Susanna vergewaltigt und getötet zu haben, darunter der 35-jährige Türke. Nach einem 20-jährigen Iraker wird gefahndet. Er setzte sich vermutlich in den Nordirak ab. Beide Männer hatten zuletzt in Flüchtlingsunterkünften in Wiesbaden gelebt.
Auf die Spur des tatverdächtigen Irakers Ali B. kam die Polizei durch den Hinweis eines 13-jährigen Flüchtlings, der sich am Sonntag bei der Polizei meldete. Der flüchtige 20-Jährige selbst soll ihm von der Tat erzählt haben.
Der 20-jährige B. soll Anfang Juni mit seiner Familie von Düsseldorf aus erst nach Istanbul in der Türkei und von dort aus weiter nach Erbil im Nordirak geflogen sein. Die Flugtickets seien dabei auf andere Namen ausgestellt gewesen, sagte Wiesbadens Polizeipräsident Stefan Müller. Ein Abgleich mit den Namen auf ihren Aufenthaltsgenehmigungen habe nicht stattgefunden. Sie hätten zudem Ersatzreisedokumente in arabischer Sprache gehabt.
Von dem verdächtigen Iraker fehlte zunächst jede Spur. Das Amtsgericht Wiesbaden erließ einen Haftbefehl gegen ihn. Der 20-Jährige kam den Ermittlern zufolge im Herbst 2015 nach Deutschland. Er wurde bereits im Mai verdächtigt, ein elfjähriges Mädchen in der Flüchtlingsunterkunft vergewaltigt zu haben. Der Verdacht ließ sich aber bislang nicht erhärten.
Die Leiche der seit mehr als zwei Wochen vermissten Susanna war am Mittwoch in einem schwer zugänglichen Gelände bei Wiesbaden-Erbenheim gefunden worden. Eine DNA-Analyse ergab laut Staatsanwaltschaft Wiesbaden "zweifelsfrei", dass es sich um die vermisste 14-Jährige handelt. Sie sei durch "Gewalteinwirkung auf den Hals" getötet worden. Die Tat soll sich kurz nach Susannas Verschwinden ereignet haben. Das Mädchen soll den jüngeren Bruder des tatverdächtigen Irakers gekannt haben.
Genauere Angaben zur Todesursache machten die Ermittler zunächst nicht. Nach der Obduktion und den bisherigen Ermittlungen müsse von einem Sexual- und Gewaltverbrechen ausgegangen werden, sagte Oberstaatsanwalt Oliver Kuhn.
In Medien äußerten sich bereits eine Reihe von Politikern verschiedener Parteien bestürzt über die Tat und die Flucht des mutmaßlichen Täters. "Der oder die Täter müssen mit der ganzen Härte des Rechtsstaats bestraft werden", forderte die Grünen-Kovorsitzende Annalena Baerbock. Es dürfe sich aber auch niemand "anmaßen, den Tod dieses Mädchens zu missbrauchen, um Hass zu säen".
FDP-Chef Christian Linder sagte nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, das "abscheuliche Verbrechen" werfe "zahlreiche Fragen" auf: "Warum konnte der Täter samt Familie offenbar unter falschem Namen ausreisen?" Staatsministerin Dorothee Bär (CSU) forderte, die Behörden müssten "verhindern, dass sich Gewalttäter an Schwächeren vergehen können, weil Informationen nicht rechtzeitig zusammengeführt werden".
(M. Taylor--BTZ)