Goldene Palme für Familienfilm "Shoplifters" von Japaner Kore-Eda
Ein bewegender Familienfilm aus Japan hat die Goldene Palme für den besten Film in Cannes gewonnen. "Shoplifters" von dem japanischen Regisseur Hirokazu Kore-Eda wurde am Samstagabend beim internationalen Festival mit dem Hauptpreis ausgezeichnet, wie die Jury mitteilte. Der Film erzählt von einer Familie von Kleinganoven, die ein Straßenkind bei sich aufnimmt. Weitere Preise gingen an den US-Regisseur Spike Lee, Altmeister Jean-Luc Godard und die libanesische Filmemacherin Nadine Labaki.
Mit "Shoplifters" erhält zum zweiten Mal ein japanischer Film die höchsten Weihen in Cannes. Regisseur Kore-Eda sagte, das Festival habe ihm "viel Mut" gemacht. "Ich habe die Hoffnung, dass dank des Kinos Menschen und Länder zusammenkommen, die gegeneinander kämpfen", betonte der 55-Jährige. Der Japaner wurde 2004 mit "Nobody Knows" international bekannt und für seinen melancholischen Stil bereits mehrfach ausgezeichnet.
Damit gingen Frauen bei der Goldenen Palme erneut leer aus: Zwischenzeitlich war spekuliert worden, die mehrheitlich weiblich besetzte Jury unter Leitung der australischen Oscar-Preisträgerin Cate Blanchett werde den Hauptpreis an eine der drei Regisseurinnen im Wettbewerb geben, um ein Zeichen für mehr Gleichberechtigung zu setzen.
Der Grand Prix für den originellsten Wettbewerbsbeitrag ging an den US-Regisseur Spike Lee für "BlacKkKlansman". Darin erzählt Lee die wahre Geschichte des schwarzen Polizisten Ron Stallworth, der mit Hilfe eines Freundes in den 1970er Jahren in die innersten Kreise des rassistischen Geheimbundes Ku-Klux-Klan (KKK) vordrang. Der Film des 61-Jährigen ist auch eine Abrechnung mit dem Rassismus in den USA und Präsident Donald Trump.
Mit einem Sonderpreis wurde der französisch-schweizerische Regisseur und Drehbuchautor Jean-Luc Godard ausgezeichnet. Der 87-Jährige erhielt eine spezielle Goldene Palme für den Experimentalfilm "The Image Book". Die libanesische Regisseurin Labaki erhielt den Preis der Jury für "Capernaum". Der Film spielt unter den Ärmsten der Armen in der Hauptstadt Beirut.
Als beste Schauspielerin wurde das Überraschungstalent Samal Jesljamowa aus Kasachstan ausgezeichnet. Die 33-Jährige spielt in dem Film "Ayka" ihres Landsmannes Sergej Dwortsewoi eine geflüchtete Kirgisin, die sich im winterlichen Moskau durchschlägt.
Als bester männlicher Darsteller wurde der Italiener Marcello Fonte geehrt. Er spielt die Hauptrolle in dem Film "Dogman" des italienischen Regisseurs Matteo Garrone. Darin verkörpert Fonte den Inhaber eines Hundesalons, der auch Kokain verkauft. Vor der Preisvergabe ging es an der Croisette noch einmal um die #MeToo-Debatte, die das Festival geprägt hatte. Die italienische Schauspielerin und Regisseurin Asia Argento sagte, Hollywoodmogul Harvey Weinstein werde "niemals mehr in Cannes willkommen sein." Sie fügte hinzu: "Ich wurde 1997 von Harvey Weinstein vergewaltigt."
Argento hatte den US-Produzenten als eine der ersten Frauen der Filmbranche belastet und damit die Diskussionen um sexuelle Gewalt in der Filmbranche mit ins Rollen gebracht. Auch die Jury-Vorsitzende Blanchett hatte Weinstein belastet. Sie ist Mitgründerin der Initiative Times Up, die Geld für Gewaltopfer sammelt.
Kurz vor der Preisvergabe wurde bekannt, dass eine Schauspielerin den französischen Regisseur Luc Besson der Vergewaltigung beschuldigt. Die Frau, deren Namen nicht bekannt ist, erstattete bei der Pariser Polizei Anzeige gegen ihn. Sein Anwalt erklärte, die Vorwürfe gegen den 59-Jährigen seien "frei erfunden". Von Besson stammt unter anderem "Im Rausch der Tiefe" von 1988.
(L. Solowjow--BTZ)