Gesetz zu TV-Übertragungen von Urteilsverkündungen wirkt noch nicht
Die am Donnerstag in Kraft getretene Lockerung des Kameraverbots in Gerichtssälen entfaltet einem Zeitungsbericht zufolge noch keine durchgreifende Wirkung. Zunächst wurde nur eine einzige Übertragung zugelassen, wie BERLINER TAGESZEITUNG am Donnerstag unter Berufung auf eine eigene Umfrage bei Bundesgerichten erfuhr. Demnach darf die Urteilsverkündung des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Zulässigkeit von Werbeblockern im Internet übertragen werden.
Alle anderen Bundesgerichte teilten auf Anfrage mit, es stünden keine Verfahren an, für die eine Übertragung vorgesehen sei. Der Bundestag hatte im Juni 2017 das seit 1964 bestehende Verbot von Ton- und Fernsehaufnahmen in Gerichtsverfahren gelockert.
Bislang konnten nur Urteilsverkündungen des Bundesverfassungsgerichts live im Fernsehen gesendet werden. Nun ist dies auch bei Entscheidungen des BGH, des Bundesverwaltungsgerichts, des Bundesarbeitsgerichts (BAG), des Bundessozialgerichts und des Bundesfinanzhofs (BFH) möglich.
BFH-Präsident Rudolf Mellinghoff sagte hierzu, es gehöre zu den Aufgaben seines Gerichts, die Rechtsprechung allgemeinverständlich zu erklären. "Die Übertragung von Fernsehaufnahmen lehnen wir nicht ab." Im Hinblick auf das Steuergeheimnis und die häufig komplizierten steuerrechtlichen Fragestellungen "dürfte die Übertragung einer Urteilsverkündung aber eher selten in Betracht kommen und sich auf spektakuläre, leicht verständliche Fälle beschränken".
BAG-Präsidentin Ingrid Schmidt betonte, für vorsitzende Richter sei es "alltäglich, Urteile in Anwesenheit der Parteien und der Presse kurz, prägnant und medientauglich zu begründen". "Ändern wird sich daran nichts, Medienübertragungen werden nicht zur Regel." Für Fernsehanstalten seien sie zu teuer und zu zeitaufwändig und anders als beim Bundesverfassungsgericht nicht planbar.
BGH-Präsidentin Bettina Limperg verwies darauf, dass Gerichtsverfahren in der Bundesrepublik Deutschland "seit jeher von größtmöglicher Transparenz und Öffentlichkeit geprägt" seien. Das neue Gesetz erweitere die Medienöffentlichkeit. Das Anliegen des Gesetzgebers "begrüße ich nachdrücklich", sagte Limperg der Zeitung.
Ob eine Übertragung zugelassen wird, ist Ermessenssache der Gerichte. Seit 1998 ist es bereits erlaubt, dass Urteilsverkündungen des Bundesverfassungsgerichts gefilmt werden.
(D. Wassiljew--BTZ)