Anklage fordert lebenslange Haft in Prozess im Gefriertruhenmord
Der Angeklagte im Berliner Prozess um den sogenannten Gefriertruhenmord hat vor der Urteilsverkündung noch einmal bestritten, den Rentner Heinz N. getötet zu haben. "Ich habe den Heinz nicht umgebracht und auch keinen anderen", sagte Josef S. am Mittwoch vor dem Landgericht. Sein Verteidiger hatte zuvor beantragt, S. vom Vorwurf des Raubmordes freizusprechen. Die Staatsanwaltschaft hingegen plädierte für eine lebenslange Haftstrafe.
Ankläger Reinhard Albers forderte, den früheren Trödelhändler unter anderem wegen Raubmordes zu verurteilen. Er beantragte zudem, die besondere Schwere der Schuld festzustellen. In diesem Fall könnte S. nicht nach 15 Jahren eine Aussetzung seiner Reststrafe auf Bewährung beantragen.
S. hatte nach Überzeugung der Staatsanwaltschaft zum Jahreswechsel 2006/2007 den ihm bekannten Rentner N. erschossen, zerstückelt und bis zu dessen Entdeckung zehn Jahre lang in einer Tiefkühltruhe gelagert. Mittels gefälschter Dokumente soll sich S. seitdem die Rente von dem verwitweten Ingenieurs erschlichen haben, insgesamt 207.000 Euro.
S. hatte zehn Jahre lang die Wohnung des zum Todeszeitpunkt 80-Jährigen in Schuss gehalten, um das Ableben von N. zu verschleiern. Ein Nachbar hatte schließlich im Januar 2017 die Polizei dazu bewegt, nach N. zu schauen. Nach Fund des Leichnams fiel der Verdacht schnell auf S.
Der Angeklagte hatte zwar im Laufe der fast vier Monate dauernden Verhandlung eingeräumt, sich die Rente seines toten Bekannten angeeignet zu haben. Allerdings will er N. erst nach dessen Selbsttötung in der Wohnung aufgefunden haben. Albers bezeichnete diese Einlassungen als "klassische Schutzbehauptung".
Gegen den Angeklagten sprechen demnach die Aussagen von drei Gutachtern, die eine Selbsttötung anhand der sehr gut erhaltenen Leichenteile vor Gericht als unwahrscheinlich eingeschätzt hätten. Ferner machte N. nach übereinstimmenden Zeugenaussagen keinen depressiven Eindruck. Dagegen habe der spielsüchtige, verschuldete Angeklagte "ein ganz starkes Motiv für die Tötung von Herrn N." gehabt, sagte Albers. Besonders schwerwiegend ist nach Ansicht der Anklage zudem, dass S. schon Jahre zuvor begann, die Rente der seit mindestens August 2002 verschwundenen Rentnerin Irma K. zu beziehen. Rentenzahlungen über insgesamt 178.000 Euro seien erst auf das Konto des Angeklagten und später auf das Konto des schon toten Heinz N. überwiesen worden.
"Zu diesem Aspekt schweigt der Angeklagte, weil er weiß, dass dieser Indizienkomplex ihm das Genick bricht", sagte Albers. Er betrachtete die Mordmerkmale der Habgier, der Heimtücke und der Ermöglichung einer Straftat als erfüllt. Für eine besondere Schwere der Schuld spreche untere anderem die Wehrlosigkeit des alten Mannes, die Schwere des Raubes und die Persönlichkeit des Angeklagten.
Der Verteidiger von Josef S. widersprach dieser Darstellung, weil nicht eindeutig belegt sei, dass sein Mandant den Rentner erschossen habe. Es fehlten Tatwaffe, ein Tatzeitpunkt sowie Belege, dass die Einlassungen des von allen Zeugen als hilfsbereiten, freundlichen Nachbarn beschriebenen Angeklagten nicht stimmten. Ein Urteil wurde noch am Nachmittag erwartet.
(Y. Rousseau--BTZ)