Eine große Nase half Neandertaler offenbar beim Überleben der Kälte
Neandertaler hatten besonders große hervorspringende Nasen, um beim Einatmen kalte, trockene Luft erwärmen und befeuchten zu können. Das ist das Ergebnis einer am Mittwoch im britischen Fachmagazin "Proceedings of the Royal Society B" veröffentlichten Studie. Ein internationales Forscherteam nutzte dabei 3-D-Modelle von Schädeln - solche von Neandertalern, modernen Menschen und vom Homo heidelbergensis. Dabei zeigte sich, dass Neandertaler und moderner Mensch Luft besser verarbeiten konnten als der vor ihnen verbreitete Homo heidelbergensis.
Offenbar konnten sie sich so besser an kaltes sowie trockenes Klima anpassen, was die Forscher mit Hilfe der von ihnen eingesetzten Methode der Flüssigkeitsdynamik nachwiesen. Die Masse der eingeatmeten Luft war demnach beim Neandertaler beträchtlich höher als bei Homo sapiens und Homo heidelbergensis. Dies hängt den Wissenschaftlern zufolge möglicherweise mit dem höheren Energieverbrauch auf Grund ihres stämmigen Körperbaus und ihres Jagdverhaltens zusammen.
Es wird angenommen, dass Neandertaler zum Überleben im europäischen Winter 4480 Kalorien am Tag benötigten. Für einen modernen Menschen wird ein Verbrauch von täglich 2500 Kalorien angeraten. Eine hohe Kalorienaufnahme erfordert mehr Sauerstoff zur Verbrennung von Zucker, Fetten und Proteinen in unseren Zellen zur Energiegewinnung.
Über die Gründe für die Gesichtsform der Neandertaler mit ihren besonderen Nasen und ausladenden Oberkiefern wird in der Wissenschaft schon seit längerem diskutiert. Eine Theorie besagt, es liege an der großen Bisskraft der Neandertaler. Die neue Studie bestreitet dies. Computersimulationen ergaben demnach eine nicht übermäßig große Bisskraft. Was den Neandertaler dagegen tatsächlich auszeichnete, sei seine Fähigkeit zur Aufnahme großer Luftmassen.
Neandertaler tauchten vor etwa 200.000 Jahren in Europa, Zentralasien und im Mittleren Osten auf. Vor rund 30.000 Jahren starben sie aus - etwa zeitgleich mit dem Aufkommen des modernen Menschen in Afrika.
(L. Pchartschoy--BTZ)