Kemerowo: Angehörige russischer Brandopfer verklagen Einsatzkräfte
Angehörige von Opfern der Brandkatastrophe in Russland haben Klage gegen Einsatzkräfte der Stadt Kemerowo eingereicht. In ihren Klageschriften werfen sie den Polizisten und Feuerwehrleuten vor, durch "Untätigkeit" mitverantwortlich für den Tod von 64 Menschen zu sein, wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft von Kemerowo am Donnerstag mitteilte. Aus Sicht der Angehörigen habe es den Einsatzkräften "an der nötigen Ausrüstung und den nötigen Fähigkeiten" gefehlt, um Menschenleben zu retten.
Die Staatsanwaltschaft habe die Klagen erhalten und prüfe sie, sagte ein örtlicher Aktivist, Maxim Uschwatow, gegenüber Journalisten von BERLINER TAGESZEITUNG (BTZ) in Kemerowo. Die Behörde werde Angehörige der Toten befragen und den Ablauf der Ereignisse rekonstruieren. Zudem würden die Ermittler die Ausrüstung der Feuerwehr untersuchen. Unter den Klägern sind nach BTZ-Information Nadeschda Wostrikowa und ihr Ehemann Igor Sabadasch, die bei dem Brand in einem Einkaufszentrum am vergangenen Sonntag eine Tochter, eine Schwiegertochter und drei Enkelkinder verloren hatten. Unter den Opfern waren insgesamt 41 Kinder. Viele von ihnen hielten sich in einem Kino im oberen Teil der Shopping Mall auf.
Wostrikowa sagte, ihre Tochter Aljona habe noch aus dem Kino angerufen und gesagt, dass die Türen verschlossen seien, das Licht ausgegangen sei und ein Feuer ausgebrochen sei. Sie selbst sei dann zum Kino hochgerannt und habe vier Feuerwehrleute angetroffen, die sagten, sie kämen nicht hinein, berichtete die Mutter und Großmutter.
"Ich fiel auf die Knie und flehte sie an: Jungs, rettet meine Kinder, woraufhin sie gleichgültig antworteten: Wir können Ihnen nicht helfen. Wir warten auf eine Rettungsbrigade", schrieb Wostrikowa in ihrer Klage. Laut ihrem Ehemann fehlte es der Feuerwehr an geeigneter Ausrüstung.
Ein anderer Kläger aus der Familie, Igor Wostrikowa, sagte in einem im Staatsfernsehen veröffentlichten Video, die Feuerwehr sei erst 40 Minuten nach Ausbruch des Feuers beim Gebäude eingetroffen. Er habe Bilder von Überwachungskamers gesehen, aus denen hervorgehe, dass die Türen erst nach Ausbruch des Feuers verschlossen wurden, fügte er hinzu. Viele Kinobesucher seien zuvor entkommen, doch seine Angehörigen seien zu langsam gewesen.
Anfang der Woche hatten hunderte Menschen in Kemerowo gegen Behördenversagen und die Untätigkeit der Einsatzkräfte protestiert. Russlands Präsident Wladimir Putin sprach am Dienstag bei einem Besuch in der sibirischen Stadt von "krimineller Nachlässigkeit und Schlamperei".
(O. Karlsson--BTZ)