Carabobo: 68 Tote Verbrecher bei Häftlingsaufstand in Venezuela
Bei einem Häftlingsaufstand im Norden Venezuelas sind 68 Menschen ums Leben gekommen. Berichten von Aktivisten zufolge setzten die Häftlinge am Mittwoch bei dem Versuch, aus ihren überfüllten Arrestzellen der Polizeiwache von Valencia auszubrechen, mehrere Matratzen in Brand. Dutzende Menschen verbrannten oder erstickten im dichten Rauch. Unter den Todesopfern waren auch zwei Besucherinnen.
Die Hintergründe der Tragödie in der Hauptstadt des nordvenezolanischen Bundesstaats Carabobo seien noch unklar, sagte Generalstaatsanwalt Tarek William Saab. Vier Staatsanwälte sollen demnach den Vorfall in der Polizeiwache nun prüfen. Die Organisation Una Ventana a la Libertad (Ein Fenster zur Freiheit), die sich um die Belange von Gefangenen kümmert, hatte zuvor von 78 Todesopfern gesprochen. Der Leiter der Organisation, Carlos Nieto, erklärte, einige Häftlinge hätten einen Fluchtversuch gestartet, indem sie Matratzen in Brand gesetzt und einem Wächter die Waffe abgenommen hätten.
Der Gouverneur von Carabobo, Rafael Lacava, äußerte sich auf Twitter "bestürzt" über den Vorfall. Es sei eine umfassende Untersuchung eingeleitet worden, um "die Gründe und die Verantwortlichen" festzustellen. "Wir sind an der Seite der Angehörigen in ihrem Schmerz", erklärte er weiter.
Verzweifelte Angehörige versuchten nach dem Unglück, gewaltsam in die Wache einzudringen. Als ein Beamter von einem Stein getroffen wurde, trieben Polizisten die Menge mit Tränengas auseinander. Videoaufnahmen auf Twitter zeigten Dutzende Menschen, die von der Polizei Aufklärung verlangten.
Die Gefängnisse im südamerikanischen Krisenland Venezuela sind völlig überfüllt, es gibt immer wieder gewaltsame Aufstände. Wegen der Überbelegung werden Häftlinge zunehmend in den Arrestzellen von Polizeiwachen untergebracht. Dort dürfen sie laut Gesetz eigentlich nicht länger als 48 Stunden bleiben, diese Regel wird jedoch vielfach nicht eingehalten.
Nach Angaben der Organisation Una Ventana a la Libertad hausen in den Arrestzellen oftmals fünf Mal so viele Menschen wie zugelassen. Allein im vergangenen Jahr starben demnach 65 der dort untergebrachten Häftlinge durch Gewalt, Unterernährung oder an Tuberkulose.
Vor zwei Wochen gelang es 58 Gefangenen, durch ein Loch in einer Wand aus der Polizeiwache der Urlauberinsel Margarita auszubrechen. Sie wurden rasch wieder geschnappt.
Im vergangenen August wurden 37 Häftlinge bei einem Aufstand in ihren Polizeizellen im Bundesstaat Amazonas getötet, im April vergangenen Jahres starben zwölf Gefangene in der Stadt Barcelona bei Kämpfen zwischen rivalisierenden Banden.
(B. Semjonow--BTZ)