Autoexperte kritisiert Ablösung von Diess als VW-Markenchef
Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer hat den Führungswechsel bei VW scharf kritisiert. Die Mobilitätswende und die Corona-Krise "fordern alle Kraft und sollten keinen Raum für Betriebsratsrevolten lassen", erklärte Dudenhöffer am Dienstag. Volkswagen-Konzernchef Herbert Diess, der die Führung der Kernmarke VW zum 1. Juli an den bisherigen Co-Geschäftsführer Ralf Brandstätter abgibt, sei monatelang "öffentlich durch den Betriebsrat demontiert" worden.
Nach einer Sitzung des Aufsichtsrats hatte Volkswagen am Montagabend den Führungswechsel bekannt gegeben. Brandstätter übernimmt demnach die Leitung der wichtigsten Marke VW, Diess bleibt Konzernchef. Ziel sei eine "stärkere Fokussierung auf die jeweiligen Aufgaben an der Spitze". Der Betriebsrat hatte Diess in den vergangenen Wochen allerdings unter anderem wegen technischer Probleme beim Golf 8 und dem Elektro-Hoffnungsträger ID.3 sowie misslungenen Marketings massiv kritisiert.
In einem offenen Brief äußerten sich die Vertrauensleute der IG Metall bei VW "massiv besorgt über die vielen vom Vorstand zu verantwortenden negativen Presseberichte über unser Unternehmen". Der Imageverlust "zerstört das über Jahrzehnte gewachsene Kundenvertrauen und gefährdet so unsere Arbeitsplätze".
Dudenhöffer bezeichnete die Probleme rund um den neuen Golf als überschaubar, da dieser beispielsweise in China "keine Rolle" spiele. Es sei auch "sonderbar", dass Brandstätter, "der gemeinsam mit Diess den Golf 8-Anlauf, die Software und den ID.3 geplant und umgesetzt hat", dessen Nachfolger werde, erklärte der Direktor des Duisburger Autoforschungszentrums CAR. Die Organisationsstruktur bei Volkswagen "hängt schief".
Vielmehr sei der Führungswechsel erzwungen worden, nachdem Diess den Aufsichtsratsspitzen auf einer Managerkonferenz am vergangenen Donnerstag Rechtsbruch vorgeworfen habe, berichtete das "Handelsblatt" am Dienstag unter Berufung auf Teilnehmer und Konzernkreise. Demnach warf der Konzernchef den Präsidiumsmitgliedern vor, Firmeninterna an Medien weitergegeben zu haben. Der Aufsichtsrat habe noch am Donnerstag in einer Sondersitzung über die Personalie Diess beraten, eine Entscheidung aber bis Montag vertagt.
Volkswagen teilte mit, Diess habe sich bei der Sitzung am Montag "in aller Form bei den Mitgliedern des Aufsichtsrates für die Äußerungen entschuldigt und erklärt, dass diese unangemessen und falsch waren". Das Gremium habe die Entschuldigung angenommen und werde Diess "auch künftig bei seiner Arbeit unterstützen".
(L. Andersson--BTZ)