200.000 VW-Kunden schließen einen Vergleich im Dieselskandal
Fast fünf Jahre nach Bekanntwerden des Dieselskandals geben sich zehntausende Kunden in Deutschland mit einer Vergleichszahlung des Konzerns in Höhe von 1350 Euro bis 6250 Euro zufrieden. Rund 200.000 Diesel-Fahrer schlossen den von VW und Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) ausgehandelten Vergleich mit dem Konzern. Das Geld - im Durchschnitt rund 15 Prozent des ursprünglichen Kaufpreises - soll nach 14-tägiger Widerrufsphase ab dem 5. Mai überwiesen werden.
VW und vzbv hatten sich Ende Februar auf einen Vergleich für gut 262.000 vom Abgasskandal betroffene Dieselfahrer geeinigt. Insgesamt sollen die Kunden 830 Millionen Euro erhalten. Die Auszahlungssumme für die rund 200.000 Kunden, die einen Vergleich schlossen, beläuft sich auf 620 Millionen Euro, wie VW am Montag mitteilte.
Weitere 21.000 Fälle seien noch in der Prüfung; sie sollen in den nächsten Tagen abgeschlossen werden. Zahlreiche Kunden registrierten sich laut VW erst kurz vor dem Stichtag am Montag auf dem entsprechenden Vergleichsportal.
Volkswagen verlängerte daher die Frist für das Einreichen aller erforderlichen Unterlagen bis zum 30. April und erwartet nach eigenen Angaben, dass sich die Zahl der Vergleichsabschlüsse noch erhöht. "Wir gehen davon aus, dass am Ende sogar deutlich mehr als 200.000 den Vergleichsprozess auch abschließen werden", sagte ein Konzernsprecher.
"Dass sich offenbar mehr als 80 Prozent der Berechtigten für den Vergleich entschieden haben, zeigt, dass es richtig war, ihn auszuhandeln", erklärte vzbv-Chef Klaus Müller. Mit einer besser ausgestalteten und weniger komplizierten Form der Musterfeststellungsklage "hätten jedoch wesentlich mehr Verbraucher profitieren können", erklärte er.
Volkswagen hatte im September 2015 zugegeben, in weltweit elf Millionen Fahrzeugen eine illegale Software eingesetzt zu haben. In Deutschland betroffen waren mehr als zwei Millionen Kunden. Der Konzern verweigerte lange Entschädigungszahlungen.
Ende 2018 wurde die Musterfeststellungsklage als neues Klageinstrument eingeführt. Sie soll, auch mit Blick auf den Dieselskandal, Verbraucher im Kräftemessen mit Konzernen stärken und verhindern, dass sie auf einklagbare Rechte verzichten. Der vzbv zog im Herbst 2019 stellvertretend für betroffene VW-Kunden vor Gericht. Das Oberlandesgericht Braunschweig schlug schnell Vergleichsverhandlungen vor; Ende Februar wurde der Vergleich geschlossen.
Müller sagte am Montag, der vzbv habe gegen Volkswagen die erste Massenklage dieser Größenordnung in Deutschland geführt: "Dass sie allen Widrigkeiten zum Trotz dazu führt, dass mehr als eine Viertelmillion Geschädigter ein schnelles und unkompliziertes Entschädigungsangebot erhält und die Verjährung vieler weiterer Ansprüche gehemmt wurde, ist ein wichtiger Erfolg."
Er forderte aber dennoch eine schnelle Gesetzesreform: Die Verbraucherzentralen wünschten sich eine Lösung ohne Klageregister, "bei der die Verjährung mit Einreichen der Klage für alle Betroffenen gehemmt würde". Mit dem Urteil müsse zudem "eine verpflichtende Lösung" für alle feststehen, ohne dass individuelle Ansprüche im Anschluss einzeln eingeklagt werden müssten. Solche Änderungen "könnten leicht und zügig vorgenommen werden", erklärte Müller.
(A. Lefebvre--BTZ)