Streit um alternative Antriebe in Dieselgipfel-Expertengruppe
In einer der Expertengruppen, die nach dem Dieselgipfel im August eingerichtet wurden, hat es einen heftigen Streit um alternative Antriebsarten für Pkw gegeben. Die Verkehrsexperten des BUND gaben ein Minderheitsvotum ab, weil sie den Abschlussbericht "in wesentlichen Teilen" nicht mittragen wollten, wie die Umweltorganisation am Donnerstag einen entsprechenden Medienbericht bestätigte. Die als eine Lösung "prominent behandelte" Verbrennung synthetischer Kraftstoffe auch für Pkw hält der BUND für falsch.
Beim Dieselgipfel waren vier Expertenrunden angekündigt worden: zu den Themen Emissionsreduzierung, Verkehrslenkung, Umstieg öffentlicher Fahrzeugflotten sowie zur "Optimierung von Antriebstechnologien und alternative Kraftstoffe". Die letzte Gruppe unter Leitung des Bundeswirtschaftsministeriums legte Mitte Dezember ihren Abschlussbericht vor, womit ihre Arbeit beendet ist.
Im Sondervotum des BUND, welches BERLINER TAGESZEITUNG vorlag, kritisieren dessen Verkehrsexperten, dass der anhaltende Trend zu immer größeren, schwereren und leistungsstärkeren Fahrzeugen im Abschlussbericht unerwähnt bleibt - dieser Trend sei aber ein wesentlicher Treiber hoher Kohlendioxid-Werte. Nicht berücksichtigt werde im Abschlussbericht zudem, dass das Ziel des Regierungshandelns sein müsse, den Anteil von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor zu reduzieren.
Vor allem aber kritisiert der BUND den Fokus auf synthetische Kraftstoffe als künftige Lösung des Umweltproblems im Verkehrsbereich. Diese Kraftstoffe sollen künftig einmal mit Strom aus erneuerbaren Energien hergestellt werden. Die Produktion sei sehr energieintensiv, erklärte der BUND, und der flächendeckende Einsatz würde eine "massive Erhöhung der im Verkehr eingesetzten Strommengen nötig machen".
Konkrete Angaben, wieviel mehr Strom im Vergleich zur direkten Stromnutzung etwa über Batterien benötigt würde, werden demnach im Abschlussbericht vermieden - "dadurch erscheint die Zukunftsoption synthetischer Kraftstoffe attraktiver, als sie es in der Realität ist". Nach Ansicht des BUND ist die Herstellung von strombasierten, synthetischen Kraftstoffen aus Klimaschutzgründen nur dann zu empfehlen, wenn der erneuerbare Strom nicht direkt genutzt werden kann - das sei etwa im Flug- und im Schiffsverkehr der Fall, nicht aber im Pkw-Verkehr.
Der Verweis darauf, dass synthetische Kraftstoffe im großen Stil importiert werden müssten, beispielsweise aus dem sonnenreichen Nordafrika, lasse "die Dimension der möglichen Hindernisse erahnen", heißt es im Sondervotum.
Auch in der ersten Expertengruppe zum Thema Emissionsminderung gibt es offenbar Streit: Die nächste, am Freitag geplante Sitzung der Gruppe wurde verschoben. Sie diskutiert, welche technischen Nachrüstungen an derzeit fahrenden Dieselfahrzeugen möglich und nötig sind. In dieser Gruppe ist die Deutsche Umwelthilfe als Umweltorganisation vertreten. Sie fordert zum Beispiel von den Autoherstellern Nachrüstungen zur Reduzierung des Stickoxid-Gehalts im Abgas von Dieselautos - die Hersteller lehnen das als zu aufwendig und teuer ab. Auch die Regierung ist in dieser Frage gespalten.