Vorerst kein zweites Diesel-Musterverfahren von Kapitalanlegern
In der juristischen Aufarbeitung des Dieselskandals bei Volkswagen wird es vorerst kein weiteres Musterverfahren von Kapitalanlegern geben. Das Verfahren in Stuttgart gegen die VW-Mutter Porsche SE und die Volkswagen AG sei "unzulässig", erklärte das dortige Oberlandesgericht (OLG) am Mittwoch. (Az. 20 Kap 2/17, 20 Kap 3/17 und 20 Kap 4/17)
Der Grund: Derzeit findet bereits vor dem OLG Braunschweig ein Verfahren von Kapitalanlegern statt. Dort sollen ebenfalls Vorwürfe geklärt werden, ob Investoren zu spät über die Abgasmanipulationen des Konzerns informiert wurden - und sie dadurch herbe Verluste an den Börsen erlitten.
Grundlage für die Verfahren ist das Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG), das Anlegern die gemeinsame Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen erleichtern soll. Dieses Gesetz bezwecke "eine Bündelung der Verfahren, um sich widersprechende Entscheidungen und doppelten Aufwand etwa für eine Beweisaufnahme zu vermeiden", erklärte das OLG Stuttgart.
In Braunschweig wird bereits seit dem vergangenen Jahr eine Anleger-Musterklage gegen VW und auch die Porsche SE verhandelt, die die Mehrheit der Stammaktien am Volkswagen-Konzern hält. Es gebe eine "beachtliche Schnittmenge von Sach- und Rechtsfragen, die sich in beiden Musterverfahren stellen", befand das OLG Stuttgart und verwies zudem auf eine "Sperrwirkung" von früher eingeleiteten Musterverfahren nach dem KapMuG.
In Stuttgart geht es um Schadenersatzklagen von Aktionären, die der Porsche SE vorwerfen, sie nicht via Pflichtmitteilung an die Kapitalmärkte über die in Dieselautos des VW-Konzerns verwendeten Abschalteinrichtungen informiert zu haben. Ein Musterverfahren in der baden-württembergischen Landeshauptstadt komme erst dann in Betracht, wenn das Musterverfahren in Braunschweig "rechtskräftig" abgeschlossen sei, erklärte das OLG.
Erst dann könnten demnach in einem Stuttgarter Musterverfahren gegebenenfalls weitere Fragen geklärt werden, die speziell die Porsche SE betreffen. Die Entscheidung des Stuttgarter OLG kann per Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof (BGH) angefochten werden.