Abgasbetrug: Auch Daimler (Mercedes) droht Bußgeld wegen Dieselskandals
Nach Porsche muss nun auch Daimler ein Bußgeld wegen seiner Verwicklung in den Dieselskandal fürchten. Wie ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Stuttgart am Mittwoch sagte, hat die Behörde ein Ordnungswidrigkeitsverfahren gegen den Autobauer eingeleitet. Daimler bestätigte das Verfahren und erklärte: "Wir kooperieren weiter vollumfänglich mit der Staatsanwaltschaft". Damit drohen nun allen beteiligten deutschen Autobauern empfindliche Strafen.
Daimler musste vergangenes Jahr auf Anordnung des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) europaweit rund 774.000 Fahrzeuge zurückrufen, davon 280.000 in Deutschland. Aus Sicht der Behörden hat Daimler in den Fahrzeugen von Mercedes-Benz unzulässige Abschalteinrichtungen für die Abgasreinigung verwendet. Daimler bestreitet das aber und hat Widerspruch eingelegt.
Stuttgart ist einer der Hauptschauplätze der juristischen Aufarbeitung des Dieselskandals. Die Staatsanwaltschaft ermittelt neben vier Daimler-Beschäftigten auch gegen sechs Beschäftigte des Zulieferers Bosch sowie einen ehemaligen und zwei aktive Porsche-Mitarbeiter.
Da gegen Unternehmen aber keine strafrechtlichen Ermittlungen möglich sind, laufen gegen die Konzerne Ordnungswidrigkeitsverfahren. Die Ermittler verdächtigen die Unternehmen, Aufsichtspflichten verletzt zu haben. Den Autobauern droht deshalb eine Geldbuße in Millionenhöhe. VW beispielsweise akzeptierte im vergangenen Jahr ein Bußgeld in Höhe von einer Milliarde Euro, Audi zahlte 800 Millionen Euro.
Bei der Staatsanwaltschaft München I laufen derzeit nur Strafermittlungen gegen Mitarbeiter von BMW. Eine Sprecherin sagte jedoch, dass die Behörde am Ende ebenfalls ein Bußgeld gegen den Autobauer verhängen könnte. Während der Volkswagen-Konzern Millionen Diesel mit Schummelsoftware verkauft hat, geht es bei BMW allerdings nur um einige tausend Fahrzeuge; der Autobauer sprach von einem Versehen.
Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hat Ende Januar 2019 das deutschlandweit erste Musterfeststellungsverfahren begonnen. Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden klagt gegen die Mercedes-Benz-Bank wegen undurchsichtiger Widerrufsinformationen bei Darlehensverträgen für Autofinanzierungen. Konkret geht es darum, ob die Angaben der Mercedes-Benz-Bank in ihrer Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß sind, weil nur dann die 14-tägige Widerrufsfrist beginnt. Zudem sollen Fragen im Zusammenhang mit den Rechtsfolgen eines Widerrufs geklärt werden.
Das Musterfeststellungsverfahren ist das erste, das seit Inkrafttreten des dafür nötigen Gesetzes am 1. November 2018 geführt wird. Die Klage vor dem OLG Stuttgart ist jedoch nicht die erste Musterklage, die eingereicht wurde: Direkt am Tag des Inkrafttretens des Gesetzes hatten Verbraucherschützer gemeinsam mit dem ADAC Klage gegen Volkswagen vor dem OLG Braunschweig eingereicht. Wann dort das Verfahren beginnt, ist noch unklar. Die Klage in Stuttgart ging wegen eines Feiertags offiziell erst am 2. November ein.
Mit dem Instrument der Musterfeststellungsklage können Verbraucher vertreten durch Verbände vor Gericht ihre Ansprüche gegenüber Unternehmen besser durchsetzen. Geschädigte können sich im Streit mit einem Unternehmen wegen eines fehlerhaften Produkts zusammentun und vor Gericht ihren Anspruch klären lassen. Die Regierung nennt das Gesetz auch "Eine-für-alle-Klage". Sollte es in so einem Verfahren zu einer Verurteilung kommen, können betroffene Verbraucher in separaten Prozessen Ansprüche auf Schadenersatz geltend machen.
Unterdessen gibt es offenbar ausgerechnet im Software-Update für vom Abgas-Skandal betroffene VW-Autos und Mercedes Fahrzeuge massive es Unregelmäßigkeiten, Kunden berichten über einen massiven Mehrverbrauch von Diesel. Bei internen Qualitätskontrollen seien "Auffälligkeiten verzeichnet worden", sagte ein Konzernsprecher am Sonntag nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview. Er bestätigte damit einen entsprechenden Medienbericht. Die Auffälligkeiten müssten jetzt "weiter analysiert werden", sagte der Sprecher. Volkswagen habe "unverzüglich" das Kraftfahrtbundesamt informiert. Das Update werde vorerst nicht auf weitere Autos aufgespielt.
Dem Sprecher zufolge geht es um Software-Updates für Autos mit 1,2-Liter-Dieselmotoren des Typs EA189. Volkswagen hat das Update demnach nicht selbst programmiert; die Federführung lag bei einem externen Dienstleister.
BERLINER TAGESZEITUNG erfuhr, bei der Auffälligkeit in der Software handele es sich um "eine möglicherweise illegale Funktion". Experten im Kraftfahrtbundesamt (KBA) gingen davon aus, dass es sich um eine unzulässige Abschaltvorrichtung handele, erfuhr BERLINER TAGESZEITUNG.
Aus dem Bundesverkehrsministerium hieß es lediglich, das Problem mit dem Software-Update sei bekannt. Der Vorgang werde vom KBA geprüft. Laut dem Volkswagen-Sprecher wurden für Anfang Januar Termine mit der Behörde vereinbart, "um die weitere Prüfung und Analyse gemeinsam mit Hochdruck voranzutreiben". Die Entscheidung, das Update zunächst nicht weiter zu verwenden, sei "vorsorglich" und gemeinsam mit dem KBA getroffen worden.
Aktuell berichten auch Mercedes Kunden, dass nach dem Aufspielen eines Software-Updates, bei V-Klasse Modellen, der Dieselverbrauch entgegen der Aussage des Daimler-Konzerns gestiegen ist. Daimler muss auf Anordnung des deutschen Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) vom 03. August 2018 - in ganz Europa - einen verpflichtenden Rückruf für Mercedes-Benz Fahrzeuge mit Diesel-Motor durchführen. Bei dem Rückruf geht es ausschließlich um Fahrzeugvarianten der Euro 6b-Norm, was den Verdacht nähert, dass neben Volkwagen - auch Mercedes - massiv Dieselabgaswerte mittels Manipulation verändert haben könnte.
Der Rückruf bei Mercedes Benz Fahrzeugen ersteckt sich aktuell auf die folgenden Modelle: Vito 1,6l Diesel (Motor OM 622), C-Klasse 1,6l Diesel (Motor OM 626), ML/GLE/GL/GLS 3,0l Diesel (Motor OM 642), V-Klasse 2,2l Diesel (Motor OM 651) und GLC 2,2l Diesel (Motor OM 651). Es sind zudem weitere einzelne Modellvarianten im Umfang des Rückrufes. Eine Liste, welche Motorenvarianten Mercedes einer Software-Modifikation unterziehen muss, finden Sie hier: https://www.BerlinerTageszeitung.de/images/Rueckruf-by-Daimler.pdf
Verbraucherschützer und ADAC haben am 1. November die bundesweit erste Musterfeststellungsklage eingereicht. Mit der Sammelklage sollen die Schadensersatzansprüche von Millionen Dieselfahrern gerettet werden.
Am 7. Juni 2018 urteilte das Landgericht Hanau (Az: 9 O 76/18), dass die Daimler AG einen Mercedes-Benz Vito zurücknehmen und den Kaufpreis in Höhe von 59.500 Euro abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer zurückzahlen muss. Die Richter sprachen dem Verbraucher einen Schadensersatz nach§ 826 BGB wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung durch den Daimler Konzern (Mercedes Benz) zu.
Nur zwei Tage vorher, am 5. Juni 2018, hatte bereits das Landgericht Karlsruhe Daimler dazu verpflichtet, an den Verbraucher 9.900 Euro zu zahlen und dafür das betroffene Fahrzeug zurückzunehmen - einen Mercedes-Benz C200 d T-Modell - sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von rund 1.800 Euro zu erstatten (18 O 24/18). Der Daimler Konzern steht nach Meinung von Juristen vor einer gigantischen Klagewelle, welche Volkswagen längst überrollt hat, "da sich ein Betrug am Verbraucher auf lange Sicht nicht auszahlt", wie Motorjurnalisten gegenüber BERLINER TAGESZEITUNG bekunden.