Abgasbetrug: Dieselprobleme lassen Daimler-Gewinn massiv einbrechen
Dreister Betrug am Kunden zahlt sich auch für Mercedes Benz nicht aus, so haben anhaltenden Probleme der Dieseltechnologie und internationale Handelskonflikte den Gewinn des Autobauers Daimler (u.a. Mercedes Benz) 2018 einbrechen lassen. Der Konzern vermeldete nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG am Mittwoch einen Nettogewinn von 7,6 Milliarden Euro für das vergangene Jahr - das ist ein massiver Rückgang um satte 29 Prozent im Vergleich zu 2017 und der schlechteste Wert seit 2015.
"Für Daimler war 2018 ein Jahr mit starkem Gegenwind - von der anhaltenden Diesel-Diskussion über die Umstellung auf das neue Testverfahren WLTP bis hin zum globalen Handelsstreit", resümierte Daimler-Vorstandschef Dieter Zetsche. Der Konzern habe dem aber "standgehalten" und sei "bei zentralen Zukunftsthemen substanziell vorangekommen".
Die Zahl der verkauften Wagen stieg den Angaben zufolge im vergangenen Jahr um zwei Prozent auf 3,3 Millionen. Die Umsätze legten in ähnlichem Umfang zu auf 167,4 Milliarden Euro. Der operationelle Gewinn fiel jedoch deutlich um 22 Prozent auf 11,1 Milliarden Euro. Daimler hatte die Entwicklung kommen sehen und seine Prognose im vergangenen Jahr zweimal gesenkt. Auch hohe Investitionen in neue Technik, etwa für E-Autos, drückten den Gewinn.
Trotz des schwierigen Jahres vereinbarten die Daimler-Führung und der Gesamtbetriebsrat erneut eine Gewinnbeteiligung für die Mitarbeiter. Die Erfolgsprämie in Höhe von bis zu 4965 Euro gilt den Angaben zufolge für rund 130.000 Tarifmitarbeiter in Deutschland. Für das Jahr 2017 hatte die Prämie bis zu 5700 Euro pro Mitarbeiter betragen.
Vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart hatte kürzlich das deutschlandweit erste Musterfeststellungsverfahren begonnen. Die Schutzgemeinschaft für Bankkunden klagt gegen die Mercedes-Benz-Bank wegen undurchsichtiger Widerrufsinformationen bei Darlehensverträgen für Autofinanzierungen. Konkret geht es darum, ob die Angaben der Mercedes-Benz-Bank in ihrer Widerrufsbelehrung ordnungsgemäß sind, weil nur dann die 14-tägige Widerrufsfrist beginnt. Zudem sollen Fragen im Zusammenhang mit den Rechtsfolgen eines Widerrufs geklärt werden.
Das Musterfeststellungsverfahren ist das erste, das seit Inkrafttreten des dafür nötigen Gesetzes am 1. November 2018 geführt wird. Die Klage vor dem OLG Stuttgart ist jedoch nicht die erste Musterklage, die eingereicht wurde: Direkt am Tag des Inkrafttretens des Gesetzes hatten Verbraucherschützer gemeinsam mit dem ADAC Klage gegen Volkswagen vor dem OLG Braunschweig eingereicht. Wann dort das Verfahren beginnt, ist noch unklar. Die Klage in Stuttgart ging wegen eines Feiertags offiziell erst am 2. November ein.
Mit dem Instrument der Musterfeststellungsklage können Verbraucher vertreten durch Verbände vor Gericht ihre Ansprüche gegenüber Unternehmen besser durchsetzen. Geschädigte können sich im Streit mit einem Unternehmen wegen eines fehlerhaften Produkts zusammentun und vor Gericht ihren Anspruch klären lassen. Die Regierung nennt das Gesetz auch "Eine-für-alle-Klage". Sollte es in so einem Verfahren zu einer Verurteilung kommen, können betroffene Verbraucher in separaten Prozessen Ansprüche auf Schadenersatz geltend machen.
Unterdessen gibt es offenbar ausgerechnet im Software-Update für vom Abgas-Skandal betroffene VW-Autos und Mercedes Fahrzeuge massive es Unregelmäßigkeiten, Kunden berichten über einen massiven Mehrverbrauch von Diesel. Bei internen Qualitätskontrollen seien "Auffälligkeiten verzeichnet worden", sagte ein Konzernsprecher am Sonntag nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview. Er bestätigte damit einen entsprechenden Medienbericht. Die Auffälligkeiten müssten jetzt "weiter analysiert werden", sagte der Sprecher. Volkswagen habe "unverzüglich" das Kraftfahrtbundesamt informiert. Das Update werde vorerst nicht auf weitere Autos aufgespielt.
Dem Sprecher zufolge geht es um Software-Updates für Autos mit 1,2-Liter-Dieselmotoren des Typs EA189. Volkswagen hat das Update demnach nicht selbst programmiert; die Federführung lag bei einem externen Dienstleister.
BERLINER TAGESZEITUNG erfuhr, bei der Auffälligkeit in der Software handele es sich um "eine möglicherweise illegale Funktion". Experten im Kraftfahrtbundesamt (KBA) gingen davon aus, dass es sich um eine unzulässige Abschaltvorrichtung handele, erfuhr BERLINER TAGESZEITUNG.
Aus dem Bundesverkehrsministerium hieß es lediglich, das Problem mit dem Software-Update sei bekannt. Der Vorgang werde vom KBA geprüft. Laut dem Volkswagen-Sprecher wurden für Anfang Januar Termine mit der Behörde vereinbart, "um die weitere Prüfung und Analyse gemeinsam mit Hochdruck voranzutreiben". Die Entscheidung, das Update zunächst nicht weiter zu verwenden, sei "vorsorglich" und gemeinsam mit dem KBA getroffen worden.
Aktuell berichten auch Mercedes Kunden, dass nach dem Aufspielen eines Software-Updates, bei V-Klasse Modellen, der Dieselverbrauch entgegen der Aussage des Daimler-Konzerns gestiegen ist. Daimler muss auf Anordnung des deutschen Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) vom 03. August 2018 - in ganz Europa - einen verpflichtenden Rückruf für Mercedes-Benz Fahrzeuge mit Diesel-Motor durchführen. Bei dem Rückruf geht es ausschließlich um Fahrzeugvarianten der Euro 6b-Norm, was den Verdacht nähert, dass neben Volkwagen - auch Mercedes - massiv Dieselabgaswerte mittels Manipulation verändert haben könnte.
Der Rückruf bei Mercedes Benz Fahrzeugen ersteckt sich aktuell auf die folgenden Modelle: Vito 1,6l Diesel (Motor OM 622), C-Klasse 1,6l Diesel (Motor OM 626), ML/GLE/GL/GLS 3,0l Diesel (Motor OM 642), V-Klasse 2,2l Diesel (Motor OM 651) und GLC 2,2l Diesel (Motor OM 651). Es sind zudem weitere einzelne Modellvarianten im Umfang des Rückrufes. Eine Liste, welche Motorenvarianten Mercedes einer Software-Modifikation unterziehen muss, finden Sie hier: https://www.BerlinerTageszeitung.de/images/Rueckruf-by-Daimler.pdf
Verbraucherschützer und ADAC haben am 1. November die bundesweit erste Musterfeststellungsklage eingereicht. Mit der Sammelklage sollen die Schadensersatzansprüche von Millionen Dieselfahrern gerettet werden.
Am 7. Juni 2018 urteilte das Landgericht Hanau (Az: 9 O 76/18), dass die Daimler AG einen Mercedes-Benz Vito zurücknehmen und den Kaufpreis in Höhe von 59.500 Euro abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer zurückzahlen muss. Die Richter sprachen dem Verbraucher einen Schadensersatz nach§ 826 BGB wegen sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung durch den Daimler Konzern (Mercedes Benz) zu.
Nur zwei Tage vorher, am 5. Juni 2018, hatte bereits das Landgericht Karlsruhe Daimler dazu verpflichtet, an den Verbraucher 9.900 Euro zu zahlen und dafür das betroffene Fahrzeug zurückzunehmen - einen Mercedes-Benz C200 d T-Modell - sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von rund 1.800 Euro zu erstatten (18 O 24/18). Der Daimler Konzern steht nach Meinung von Juristen vor einer gigantischen Klagewelle, welche Volkswagen längst überrollt hat, "da sich ein Betrug am Verbraucher auf lange Sicht nicht auszahlt", wie Motorjurnalisten gegenüber BERLINER TAGESZEITUNG bekunden.