Hofreiter kritisiert Scheuers Aufruf zu juristischem Widerstand gegen Fahrverbote
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) scharf für dessen Appell kritisiert, von Fahrverboten betroffene Kommunen sollten sich juristisch dagegen wehren. "Verkehrsminister Scheuer sollte endlich mal seine Arbeit machen, statt leere Sprüche zu klopfen", sagte Hofreiter nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview. "Es ist sein Job, Fahrverbote in den Städten abzuwehren."
Scheuer habe die Städte "achselzuckend im Stich gelassen, genau wie die betrogenen Dieselfahrer und die Menschen, die in den Straßen die schmutzigen Abgase einatmen müssen", kritisierte Hofreiter. "Der Verkehrsminister sollte endlich die Autoindustrie zur Nachrüstung dreckiger Dieselautos zwingen und den Kommunen die Möglichkeit geben, eine blaue Plakette einzuführen."
Scheuer hatte von Fahrverboten betroffenen Kommunen und Ländern geraten, "sich mit allen juristischen Mitteln zur Wehr zu setzen". Die Gerichtsurteile beruhen schließlich auf Luftreinhalteplänen "vergangener Jahre", sagte der CSU-Politiker nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview.
Länder und Kommunen müssten darlegen, "welche Maßnahmen sie zur Luftreinhaltung in der Zwischenzeit ergriffen haben, etwa die Nachrüstung von Diesel-Bussen im öffentlichen Nahverkehr - und wie sich dadurch die Luftqualität verbessert", sagte Scheuer. In einer Stadt wie Stuttgart gebe es auch deswegen ein Fahrverbot, weil sie nicht alle juristischen Möglichkeiten ausgeschöpft habe.
Der Verkehrsminister äußerte die Hoffnung, dass die meisten der verhängten Fahrverbote gar nicht in Kraft treten und die übrigen schon bald wieder aufgehoben werden. In vielen deutschen Städten werden die auf EU-Ebene festgelegten gesetzlich geltenden Stickoxid-Grenzwerte überschritten. Deshalb drohen Fahrverbote für Diesel, in einigen Städten sind sie auf einzelnen Straßen schon in Kraft. Das sorgt für große Kontroversen.
Angesichts erster "Gelbwesten"-Proteste gegen Fahrverbote in Stuttgart warnte der Verkehrsminister vor Massenprotesten wie in Frankreich. "Im politischen Berlin ergötzen sich alle an Diskussionen, die oft nichts mit der Lebenswirklichkeit der Menschen außerhalb der Hauptstadt zu tun haben", sagte Scheuer. "Die Bürger sind darüber echt verärgert – und stehen auf."
Auch der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Markus Söder warnte angesichts der Diesel-Debatte vor einer "Gelbwesten"-Bewegung in Deutschland. "Die Menschen haben kein Verständnis für eine Politik, die nur ideologisch begründet ist", sagte er dem "Handelsblatt". Söder verwies auf Zweifel an den Schadstoff-Grenzwerten.