Autobauer Renault will mit ganz neuem Führungstandem aus der Krise
Mit einem neuen Führungstandem will der größte französische Autohersteller Renault die Justizaffäre um seinen bisherigen Chef Carlos Ghosn hinter sich lassen. Der Verwaltungsrat berief am Donnerstag in einer Sitzung bei Paris den bisherigen Chef des Reifenherstellers Michelin, Jean-Dominique Senard, zu seinem Präsidenten. Die Renault-Geschäfte führt künftig die bisherige Nummer zwei im Konzern, der Asien-Kenner Thierry Bolloré. Von einem "neuen Kapitel in der Renault-Geschichte" sprach die französische Regierung, die 15 Prozent der Anteile hält.
Der 66-jährige Senard sagte nach seiner Ernennung zum Verwaltungsrats-Chef, nach den "außerordentlichen Ereignissen" um die Festnahme Ghosns in Japan vor gut zwei Monaten müsse nun wieder "Ruhe" bei Renault einkehren.
Senard steht seit fast sieben Jahren an der Spitze von Michelin, wo er nun im Mai aufhören wird. Firmenerbe Edouard Michelin hatte ihn 2005 als Finanzdirektor zu dem Reifenhersteller geholt, nach Stationen bei dem Mineralölkonzern Total und dem Mischkonzern Saint-Gobain. Senard ist Absolvent der Elite-Wirtschaftshochschule HEC und gilt als erfahrener Manager in Tarifkonflikten.
Bolloré war bisher Stellvertreter von Ghosn und hatte nach dessen Festnahme im November zunächst die Interimsleitung bei Renault übernommen. Der 55 Jahre alte Bretone und Vater von fünf Kindern gilt als ruhiger Analytiker und hat langjährige Erfahrung in der Autobranche auch in Asien. "Seine Fähigkeiten in Beziehungen mit Japanern werden ihm von Vorteil sein", sagte ein früherer Kollege.
Das neue Führungstandem äußerte am Firmensitz in Boulogne-Billancourt südöstlich von Paris den Willen zu einer Fortsetzung der Auto-Allianz mit dem japanischen Hersteller Nissan, die seit 1999 besteht. Das Bündnis sei "absolut unentbehrlich", betonte Senard.
Auch Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire erklärte auf Twitter: "Die Allianz Renault-Nissan muss weltweit die Nummer 1 bleiben und weiterhin zum Stolz der Beschäftigten beitragen." Besonders für die Entwicklung von Elektro-Antrieben wie von selbstfahrenden Autos sei das Bündnis wichtig, dem auch der japanische Hersteller Mitsubishi angehört.
Die Renault-Nissan-Allianz verkaufte zuletzt fast elf Millionen Fahrzeuge. Ghosn hatte sie zum wichtigsten Spieler neben Volkswagen und Toyota gemacht. Der 64-Jährige hatte zuvor seinen Rücktritt bei Renault erklärt, nachdem ihn Nissan und Mitsubishi bereits als Verwaltungsratschef abgelöst hatten.
Ghosn, der lange als Vorzeigemanager bei Renault und als "Kostenkiller" galt, war am 19. November überraschend in Japan festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft von Tokio wirft dem Manager vor, er habe jahrelang ein zu niedriges Einkommen bei Nissan deklariert. Er soll persönliche Verluste auf den japanischen Autobauer übertragen haben.
Ghosn bestreitet die Vorwürfe. Seine Anträge auf Haftentlassung blieben allerdings bislang ohne Erfolg. Er wird wohl bis zu Beginn des Prozesses Anfang März im Gefängnis bleiben.