Paris fordert eine Entscheidung über Ghosn-Nachfolge bei Renault
Rund zwei Monate nach seiner Absetzung bei Nissan und Mitsubishi soll der inhaftierte Automanager Carlos Ghosn nun auch schnell als Chef des Renault-Konzerns abgelöst werden. Frankreich fordere in seiner Eigenschaft als größter Renault-Anteilseigner eine baldige Entscheidung über Ghosns Nachfolger, sagte Wirtschaftsminister Bruno Le Maire nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview. Dafür solle "in den kommenden Tagen" der Verwaltungsrat des französischen Konzerns zusammenkommen.
Er habe immer auf die für Ghosn geltende "Unschuldsvermutung" hingewiesen, aber auch darauf, "dass wir eine neue Etappe beginnen müssen, falls er dauerhaft verhindert sein sollte", sagte Le Maire. "Dort sind wir nun angelangt."
"Wir wünschen, dass der Verwaltungsrat eine neue dauerhafte Führung für Renault bestimmt", hob der Wirtschaftsminister hervor. Dazu solle das Gremium bereits in den kommenden Tagen zusammenkommen. Der französische Staat hält 15,01 Prozent an Renault. Nissan verfügt über 15 Prozent der Anteile, hat aber kein Stimmrecht. Renault wiederum hält 43 Prozent der Anteile an Nissan.
Als Chef von Nissan und Mitsubishi war Ghosn bereits im November abgesetzt worden. Beim Renault-Konzern, der mit den beiden japanischen Autobauern eine Allianz bildet, ist er aber weiterhin Vorstandschef. Le Maire lobte in einem Interview unterdessen die Qualitäten des scheidenden Michelin-Chefs Jean-Dominique Sénard. Dieser wird in französischen Medien bereits als Anwärter für die Renault-Chefetage gehandelt.
Ghosn sitzt seit dem 19. November in Tokio in Untersuchungshaft. Sein Antrag auf Freilassung gegen Kaution wurde am Dienstag zurückgewiesen. Somit könnte der 64-Jährige noch Monate im Gefängnis bleiben. Ghosn soll in Japan jahrelang ein viel zu niedriges Einkommen deklariert und sich an Firmenkapital von Nissan bereichert haben. Ihm wird außerdem vorgeworfen, persönliche Verluste bei Investitionen auf Nissan übertragen zu haben. Ghosn bestreitet alle Vorwürfe.
BERLINER TAGESZEITUNG erfuhr in der vergangenen Woche überdies, Ghosn habe seinen Steuerwohnsitz bereits im Jahr 2012 von Frankreich in die Niederlande verlegt. Damit habe der Manager der französischen Vermögensteuer "entgehen wollen". Die Zeitung berief sich dabei sowohl auf interne Dokumente einer französischen Gewerkschaft als auch des Nissan-Konzerns.
"Das ist skandalös", reagierte der frühere Justizminister François Bayrou im Sender France Info auf die Enthüllungen. Er verwies auf eine Erklärung von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron vom Dezember, wonach "der Chef eines französischen Unternehmens seine Steuern in Frankreich zahlen" müsse.