Ehefrau von Ghosn beklagt bei Human Rights Watch Haftbedingungen
Die Ehefrau des in Japan inhaftierten Automanagers Carlos Ghosn hat in einem Brief an die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch die Haftbedingungen angeprangert. In der Zelle ihres Mannes brenne auch nachts das Licht, seine täglich nötigen Medikamente würden ihm verweigert, schrieb Carole Ghosn in dem am Montag veröffentlichten neunseitigen Brief. Jeden Tag werde ihr Mann "stundenlang" befragt, ohne dass seine Anwälte dabei seien.
"Die Ermittler befragen ihn, setzen ihn unter Druck, belehren ihn und beschimpfen ihn, ohne die Anwesenheit seiner Anwälte, um ein Geständnis aus ihm herauszubringen", heißt es in dem Brief. Die Ermittler hätten Ghosn Dokumente auf Japanisch zur Unterzeichnung vorgelegt, das er nicht beherrsche, und ihm nur eine mündliche Übersetzung geliefert.
"Ich bitte Human Rights Watch, sich dieses Falls anzunehmen", schrieb Carole Ghosn. Die Menschenrechtsorganisation müsse sich zudem dafür einsetzen, dass die japanische Regierung das derzeitige "drakonische System der Untersuchungshaft und Befragung vor der Verhandlung" reformiere. Ghosn, Chef des französischen Autobauers Renault und ehemaliger Verwaltungsratschef des japanischen Autobauers Nissan, sitzt seit 19. November in Untersuchungshaft. Die Ermittler haben am 10. Dezember offiziell Anklage erhoben und diese am vergangenen Freitag erweitert. Sie werfen dem 64-Jährigen vor, in den Jahren 2010 bis 2018 ein zu niedriges Einkommen beim Autobauer Nissan deklariert zu haben, wo er auch lange Vorstandschef war. Zudem soll er sich persönlich an Firmenkapital bereichert und eigene Verluste auf Nissan abgewälzt haben.
Ghosn bestreitet alle Vorwürfe. Sein Antrag auf Haftentlassung wurde aber zurückgewiesen. Das Gericht begründete dies mit Fluchtgefahr. Er wird voraussichtlich bis zum Prozessbeginn Anfang März inhaftiert bleiben. Auch international ist das japanische Justizsystem deshalb bereits kritisiert worden. Die Ermittler können einen Verdächtigen monatelang festhalten.
Immerhin kann Ghosn nach einem Gerichtsentscheid von vergangener Woche nun Besuch von Familienangehörigen erhalten. Sein Hauptanwalt Motonari Otsuru stritt vergangene Woche ab, dass Ghosn gezwungen werde, Dokumente oder gar ein Geständnis auf Japanisch zu unterzeichnen. Seinen Angaben zufolge wurde Ghosn auch in eine größere Zelle verlegt. Sein Mandant habe sich auch nicht über die Haftbedingungen beklagt.