Automanager Ghosn sieht sich "zu Unrecht" in Japan beschuldigt
Er werde "zu Unrecht beschuldigt" und sitze "ungerechtfertigt" im Gefängnis: Mit deutlichen Worten hat sich Automanager Carlos Ghosn bei einer öffentlichen Gerichtsanhörung in Tokio am Dienstag gegen seine Haft gewehrt. Der Richter begründete die Inhaftierung jedoch mit der Gefahr einer Flucht sowie der Vernichtung von Beweisen. Nach Einschätzung seines Anwalts könnte der 64-jährige Manager noch Monate in Haft bleiben.
In einem ungewöhnlichen Schritt hatten Ghosn und seine Anwälte einen selten angewandten Artikel der japanischen Verfassung bemüht. Sie beantragten eine öffentliche Gerichtsanhörung, in der Ghosn die Gründe für seine Inhaftierung erfahren und Stellung nehmen durfte. Nur 0,6 Prozent der Inhaftierten in Japan nutzten vergangenes Jahr diese Möglichkeit. Sie ändert zwar wenig am Prozessausgang - Ghosn war jedoch der öffentliche Auftritt wichtig.
Die rund zweistündige Anhörung nutzte der einstige Nissan-Vorsitzende und Noch-Renault-Chef zu einer umfassenden Verteidigung. Er erschien in Handschellen vor Gericht, in dunklem Anzug ohne Krawatte und Plastiksandalen an den Füßen. Er zeigte kaum Emotionen und wirkte abgemagert mit hohlen Wangen - nach Angaben seiner Familie verlor er durch das Essen in Haft 20 Kilogramm. Vor dem Gerichtsgebäude hofften über tausend Menschen auf einen der nur 14 Plätze für die Öffentlichkeit.
Die Vorwürfe seien "wertlos und unbegründet", erklärte Ghosn in einer schriftlich vorbereiteten Stellungnahme. Zwei Jahrzehnte seines Lebens habe er dem Aufbau von Nissan und der gemeinsamen Allianz mit Renault und Mitsubishi gewidmet. Er habe dabei stets "mit Integrität gehandelt", Fehlverhalten sei ihm nie zur Last gelegt worden. "Ich habe ehrenhaft, legal und mit dem Wissen und der Zustimmung der Spitzen des Unternehmens gehandelt." Von Nissan habe er keine Zuwendungen bekommen, die nicht auch offengelegt wurden.
Der einst mächtige Manager war am 19. November festgenommen worden. Er wird verdächtigt, in Japan jahrelang ein viel zu niedriges Einkommen deklariert und sich an Firmenkapital des Autobauers Nissan bereichert zu haben. Die Staatsanwaltschaft wirft Ghosn zudem vor, persönliche Verluste bei Investitionen auf Nissan übertragen zu haben. Nissan und Mitsubishi setzten Ghosn nach seiner Festnahme als Verwaltungsratsvorsitzenden ab. Bei Renault bleibt er zunächst Konzernchef.
Richter Yuichi Tada verlas erneut die Vorwürfe gegen Ghosn und sagte, er sei inhaftiert, weil die Gefahr bestehe, dass er sich absetze oder Beweise unterdrücke. Ghosn habe "Basen im Ausland", sagte Tada. "Wir haben entschieden, dass eine Inhaftierung nötig ist."
Für einen Teil der Vorwürfe wurde Ghosn bereits angeklagt, seine bereits verlängerte derzeitige Untersuchungshaft läuft noch bis Freitag. Dann kann sie weiter verlängert werden oder es folgt eine weitere Anklage. Ob Ghosn bis zum Beginn eines möglichen Prozesses freikommt, ist fraglich.
Es sei "sehr schwierig", eine Freilassung auf Kaution zu erreichen, sagte Ghosns Anwalt Motonari Otsuru. Bis zu einem möglichen Prozess könne es indes noch sechs Monate dauern, fügte er hinzu und verwies auf die komplexe Lage und die Sprachhürde in Japan. Trotzdem werde er einen Antrag auf Freilassung gegen Kaution stellen.