Automanager Ghosn könnte aus japanischer U-Haft entlassen werden
Der in Japan inhaftierte Automanager Carlos Ghosn könnte bald auf freien Fuß kommen. Ein Gericht in der Hauptstadt Tokio lehnte am Donnerstag einen Antrag auf eine Verlängerung seiner Untersuchungshaft ab. Der Rundfunksender NHK berichtete, der Renault-Chef, der lange den japanischen Autobauer Nissan geführt hatte, könnte schon am Freitag gegen Kaution freikommen.
Ghosn war am 19. November festgenommen worden. Seitdem sitzt der 64-Jährige in einer fünf Quadratmeter großen Einzelzelle in Untersuchungshaft. Er soll jahrelang ein viel zu niedriges Einkommen deklariert und sich persönlich an Firmenkapital von Nissan bereichert haben.
Die Ablehnung des Antrags der Staatsanwaltschaft ist eine Überraschung: In Japan schmettert ein Gericht sehr selten ein Gesuch der Staatsanwaltschaft ab, wenn der Betreffende, wie jetzt Ghosn, die Vorwürfe bestreitet. BERLINER TAGESZEITUNG erfuhr am Donnerstag, dass die Staatsanwaltschaft Berufung gegen die Gerichtsentscheidung einlegen wird.
Die Ankläger erhoben erst am 10. Dezember offiziell Anklage. Sie werfen Ghosn vor, er habe in den Jahren 2010 bis 2015 ein um fünf Milliarden Yen (rund 39 Millionen Euro) zu niedriges Einkommen deklariert. Zudem soll er sich persönlich an Firmenkapital des Autobauers Nissan bereichert haben. Die Untersuchungshaft wurde zudem um 22 Tage verlängert, weil die Staatsanwaltschaft neue Vorwürfe erhob - Ghosn soll auch von 2015 bis 2018 Einkünfte vertuscht haben.
Yasuyuki Takai, ehemaliger Mitarbeiter der Staatsanwaltschaft, sagte nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG, in einem aktuellen Interview, das Gericht müsse nun entscheiden, ob Ghosn auf Kaution freikomme. Er könnte aber auch wegen Verdachts einer weiteren Straftat in Haft bleiben. "Wir wissen es nicht."
Nissan und der japanische Autobauer Mitsubishi haben Ghosn als Verwaltungsratsvorsitzenden abgesetzt. Renault hält offiziell an Ghosn als Vorstandschef fest. Die Geschäfte führt vorläufig sein Stellvertreter Thierry Bolloré.