Bundesregierung drückt bei Maßnahmen gegen Fahrverbote aufs Tempo
Die Regierung drückt bei den geplanten Maßnahmen zur Abwendung weiterer Diesel-Fahrverbote aufs Tempo. Das Kabinett beschloss am Mittwoch ein Eckpunktepapier, wonach die Gesetze so geändert werden sollen, dass auch bei einer geringfügigen Überschreitung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid keine Fahrverbote in Städten drohen. Außerdem sollen die nötigen "technischen Vorschriften für Hardware-Nachrüstungen" erarbeitet werden, sagte Kanzleramtschef Helge Braun (CDU).
In zwei Wochen, also am 7. November, soll das Kabinett Entwürfe zur Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und des Straßenverkehrsgesetzes auf den Weg bringen. Diesel-Fahrverbote sollen demnach nur dort in Betracht kommen, wo der Jahresmittelwert von 50 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft überschritten wird. Erlaubt sind eigentlich nur 40 Mikrogramm.
Die Regierung stützt sich aber auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig vom Februar, wonach Fahrverbote verhältnismäßig sein müssen. "Eine Abwägung über die Verhältnismäßigkeit von Diesel-Fahrverboten ist zwingend erforderlich", erklärte dazu Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein (CSU). An den geltenden Grenzwerten ändere sich dadurch "überhaupt nichts".
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte am Sonntagabend bereits angekündigt, ihre Partei wolle die Gesetze so ändern, dass Fahrverbote bei nur "geringfügigen" Überschreitungen der EU-Grenzwerte als unverhältnismäßig eingestuft würden. Die Regierung erklärte daraufhin, es werde an einer Änderung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes gearbeitet.
Braun sagte dazu in Berlin, bei den Städten mit einem Grenzwert von bis zu 50 werde die "Vielzahl von anderen Maßnahmen in der Regel ausreichen, um von Fahrverboten Abstand zu nehmen". Nach aktuellem Stand seien es dann noch 15 Städte, die den Wert von 50 überschritten und für die zusätzliche Maßnahmen nötig seien, etwa Hardware-Nachrüstungen. Damit zählte die Regierung nun auch Frankfurt am Main dazu, zuletzt war noch von 14 Städten die Rede.
Das Bundesverkehrsministerium müsse nun zudem "unverzüglich die rechtlichen und technischen Voraussetzungen" für Hardware-Nachrüstungen erarbeiten, "um Ausnahmen von Verkehrsbeschränkungen zu ermöglichen", erfuhr BERLINER TAGESZEITUNG aus der Kabinettsvorlage. Nach den Worten von Kanzleramtsminister Braun sind dafür allerdings Testläufe notwendig, die erst im Januar vorliegen werden.
SPD-Fraktionsvize Sören Bartol erklärte zu dem Eckpunktepapier, nun gebe es einen "verbindlichen Zeitplan", das Bundesverkehrsministerium müsse in den kommenden zwei Monaten die rechtlichen Vorschriften für technische Nachrüstungen erarbeiten. "Die Hersteller bekommen damit bis Ende des Jahres Klarheit."
Weiterhin keine Einigung gibt es allerdings mit der Automobilindustrie über die Kostenübernahme für Hardware-Nachrüstungen. "Aber wir sind intensiv mit den Automobilherstellern im Gespräch", sagte Braun. Es sei viel Vertrauen verloren gegangen und es sei nun wichtig, dass Diesel-Besitzer ein Versprechen erhielten, "dass ihnen die Mobilität erhalten bleibt".
Die Opposition hatte die Pläne der CDU als Wahlkampfmanöver kritisiert. In Hessen wird am Sonntag ein neuer Landtag gewählt - Informationen von BERLINER TAGESZEITUNG zufolge steht das Thema Diesel bei den Wählern besonders im Fokus. Umfragen sagen für die SPD wie auch für die CDU massive Verluste bei der Wahl voraus.