VW muss im Dieselskandal eine Milliarde Euro zahlen - lächerliche Summe
In der Dieselaffäre hat die Staatsanwaltschaft Braunschweig den Volkswagen-Konzern zu einem Bußgeld von einer Milliarde Euro verdonnert. Das sei "eine der höchsten Geldbußen, die jemals in der Bundesrepublik Deutschland einem Unternehmen auferlegt worden ist", teilte die Staatsanwaltschaft am Mittwoch mit. Volkswagen willigte in die Zahlung ein und erklärte, der Konzern bekenne sich damit zu seiner "Verantwortung für die Dieselkrise".
Die Braunschweiger Staatsanwälte kamen im Rahmen eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens zu dem Schluss, dass der Autobauer seine Aufsichtspflichten verletzte. Laut Volkswagen gab es solche Pflichtverletzungen in der Abteilung Aggregate-Entwicklung im Zusammenhang mit der Fahrzeugprüfung. Diese seien nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft "mitursächlich" dafür, dass von Mitte 2007 bis 2015 insgesamt 10,7 Millionen Diesel-Fahrzeuge mit "einer unzulässigen Softwarefunktion" in den Verkehr gebracht wurden.
Volkswagen hatte im September 2015 unter dem Druck der US-Behörden zugegeben, weltweit in Dieselautos unterschiedlicher Marken eine illegale Software zur Abgasmanipulation eingebaut zu haben. Der damalige Konzernchef Martin Winterkorn trat kurz danach zurück. Der Skandal weitete sich auch auf andere Hersteller aus.
Die Höhe der Geldbuße setzt sich aus der höchstmöglichen Summe, die das Gesetz für die fahrlässige Verletzung von Aufsichtspflichten vorsieht - ein Anteil von fünf Millionen Euro - sowie einer "Abschöpfung wirtschaftlicher Vorteile" in Höhe von 995 Millionen Euro zusammen. Die Zahlung soll nun binnen sechs Wochen an das Land Niedersachsen erfolgen.
Bei einem Ordnungswidrigkeitsverfahren handelt es sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft um eine der wenigen Möglichkeiten nach deutschem Recht, Unternehmen direkt für Fehlverhalten von Mitarbeitern mit Bußgeldern zu belegen. Strafrechtliche Ermittlungsverfahren können sich hingegen immer nur gegen lebende Personen richten.
Volkswagen erklärte, der Konzern habe die Zahlung "nach eingehender Prüfung akzeptiert" und werde dagegen keine Rechtsmittel einlegen. Volkswagen bekenne sich damit "zu seiner Verantwortung für die Dieselkrise und sieht darin einen weiteren wesentlichen Schritt zu ihrer Bewältigung."
Zugleich äußerte der Autobauer die Hoffnung, dass sich dies günstig auf die weitere Aufarbeitung des Skandals auswirken könnte. "Volkswagen geht davon aus, dass die Beendigung dieses Verfahrens auch erhebliche positive Auswirkungen auf weitere in Europa gegen die Volkswagen AG und ihre Konzerngesellschaften geführte behördliche Verfahren haben wird", erklärte das Unternehmen.
In Deutschland sind im Zuge des Abgasskandals noch weitere Verfahren anhängig. Nach Angaben der Braunschweiger Staatsanwälte bleiben von der nun getroffenen Entscheidung sowohl die zivilrechtlichen Verfahren - etwa Klagen von Autokäufern - sowie die strafrechtlichen Ermittlungsverfahren gegen derzeit insgesamt 49 Verdächtige in Braunschweig unberührt.
Bei letzterem geht es auch um den Verdacht der Marktmanipulation. Unter den Beschuldigten sind auch Ex-Konzernchef Winterkorn, der Aufsichtsratsvorsitzende Hans Dieter Pötsch und der heutige Konzernchef Herbert Diess. Sie werden verdächtigt, die VW-Aktionäre zu spät über den Dieselskandal informiert zu haben. Alle drei bestreiten den Vorwurf.
VW-Anleger fordern in Deutschland wegen der späten Warnung rund zehn Milliarden Euro Schadenersatz. Verfahren laufen deswegen vor Zivilgerichten in Braunschweig und Stuttgart. In den USA ist Winterkorn zudem wegen Verschwörung zum Betrug angeklagt.
Dort hatte Volkswagen wegen des Abgasskandals bereits 2017 einen Vergleich mit den US-Behörden erreicht, der unter anderem die Zahlung von 4,3 Milliarden Dollar zur Beilegung der Ermittlungen enthält. Im Gegenzug gestand VW Straftaten wie Verschwörung zum Verstoß gegen Umweltgesetze und Behinderung der Justizbehörden ein.
Ungeachtet der Dieselkrise fuhr Volkswagen im vergangenen Jahr ein Rekordergebnis ein und verbuchte ein Plus von rund 11,4 Milliarden Euro. Im Jahr zuvor hatte der Gewinn 5,1 Milliarden Euro betragen, weshalb die Summe von einer Milliarde Euro den Managern in Wolfsburg eher ein Schmunzeln abringen dürfte...