Vorwurf: IG Metall wirft Opel Einschüchterung der Belegschaft vor
Im Streit um finanzielle Zugeständnisse der Mitarbeiter bei der Sanierung des Autobauers Opel wirft IG-Metall-Chef Jörg Hofmann dem Management vor, die Belegschaft einschüchtern zu wollen. Alle Kostenziele für das wackelnde Werk in Eisenach seien erreichbar - "und zwar ohne Eingriffe in bestehende Tarifverträge", sagte Hofmann nach Information von BERLINER TAGESZEITUNG am Mittwoch. Er habe den Eindruck, "dass hier einfach ein Exempel statuiert werden soll".
Das Management hatte vom Betriebsrat gefordert, die Tariferhöhung von 4,3 Prozent für dieses Jahr stunden zu dürfen. Das hatte der Betriebsrat laut Management aber abgelehnt. Daraufhin hatte Opel-Chef Michael Lohscheller in einem Brief an die Mitarbeiter den Produktionsstart für ein elektrifizierbares Fahrzeug für das Werk im thüringischen Eisenach auf Eis gelegt. Betriebsrat und Management wollen aber weiter über die Sanierungsmaßnahmen verhandeln.
Der Gewerkschaft sei bewusst, dass Produktivität und Effizienz Voraussetzung für den Erhalt eines Produktionswerkes seien. "Aber genau diesen Anspruch kann Eisenach erfüllen", sagte Hofmann der "Wirtschaftswoche". Er fordert "ein überzeugendes Geschäftsmodell für den Standort. "Bisher ist das PSA der Belegschaft in Eisenach schuldig geblieben".
Opel versucht derzeit unter dem Druck der französischen Muttergesellschaft PSA, seine Kosten massiv zu senken. Dazu legte der Konzern im Dezember Programme für Altersteilzeit und Vorruhestand sowie Ende März ein Programm für freiwillige Abfindungen auf. Die Programme würden "gut" angenommen, sagte ein Sprecher. "Es bleibt der klare Plan des Unternehmens, betriebsbedingte Kündigungen und Werksschließungen zu vermeiden".
Außerdem hat Opel die Verträge mit 1600 Händlern europaweit gekündigt. Auch im Vertrieb will der Konzern weniger ausgeben. Die meisten der knapp 400 deutschen Händler sollen laut Sprecher aber einen neuen Vertrag angeboten bekommen.
Das könnte nach Ansicht von Ferdinand Dudenhöffer vom CAR-Institut der Universität Essen-Duisburg ein Fehler sein. "Die Motivation, nach einer Kündigung mehr zu verkaufen, ist null", erklärte er. Opel verkaufe ohnehin schon weniger Fahrzeuge. Wie Dudenhöffer errechnete, sank der europäische Marktanteil von 6,9 Prozent im ersten Quartal 2016 auf 5,8 Prozent in den ersten drei Monaten 2018. Neue Produkte sind Dudenhöffer zufolge in den nächsten zwölf Monaten auch nicht zu erkennen.
"Also wird Opel nach meiner Einschätzung auch in den nächsten 18 Monaten weiter deutlich Marktanteile und Verkäufe verlieren", schreibt Dudenhöffer in einer Analyse. "Damit steigen die Überkapazitäten."
Hohe Produktionsdauer und Löhne machten Opel zudem nicht wettbewerbsfähig. Gleichzeitig zeigten die hohen freiwilligen Abfindungen, dass Opel kaum Fortschritte beim Personalabbau mache. Schließlich zeige PSA-Chef Carlos Tavares eine "harte und unbarmherzige Haltung". Werksschließungen sind Dudenhöffers Meinung nach nicht ausgeschlossen.