VW-Betriebsrat: "Hier ist nicht ein Mensch zu viel an Bord"
Der VW-Betriebsrat stellt sich angesichts von Spekulationen über einen Arbeitsplatzabbau in Deutschland klar gegen Stellenstreichungen. "Hier ist nicht ein Mensch zu viel an Bord", sagte die Gesamt- und Konzernbetriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo am Donnerstag vor tausenden Beschäftigten in Wolfsburg. Zugleich forderte sie einen "mutigen Kurs" beim Umbau des Konzerns und nahm Vorstandschef Herbert Diess in die Pflicht.
Volkswagen steht derzeit wegen der Transformation der Branche hin zur Elektromobilität unter Druck und leidet wie zahlreiche weitere Hersteller außerdem unter dem Chipmangel. Für Wirbel hatten Mitte Oktober angebliche Äußerungen von Konzernchef Diess gesorgt, wonach wegen der Umstellung auf Elektrofahrzeuge bis zu 30.000 Stellen in Deutschland wegfallen könnten; das Unternehmen betonte daraufhin, ein Abbau in dieser Größennordnung sei "kein Thema".
Gleichwohl schlug ein möglicher Stellenabbau auch am Donnerstag in Wolfsburg bei der sogenannten Belegschaftsinformation des Betriebsrates - der ersten Veranstaltung dieser Art seit fast zwei Jahren - weiter hohe Wellen. "Nicht eine Stelle können Sie zusätzlich mit uns verhandeln", sagte Cavallo und kritisierte, dass es dem Konzernvorstand um Diess nicht gelinge, für die Versorgung mit Halbleitern und eine Auslastung des Wolfsburger Werkes zu sorgen, in dem die Produktion wegen des Chipmangels deutlich gedrosselt werden musste.
"Also hören Sie auf mit Spekulationen über Stellenabbau und erarbeiten Sie mit uns gemeinsam Lösungen", appellierte Cavallo an Diess. Der VW-Betriebsrat dringt unter anderem darauf, dass in Wolfsburg in den kommenden Jahren ein weiteres Elektro-Modell gebaut wird.
Die Betriebsratsvorsitzende äußerte sich zudem zu jüngsten Spekulationen, wonach die Arbeitnehmerseite kein Vertrauen mehr in die Spitze des Konzerns habe. "Es geht hier nicht um einzelne Personen", sagte Cavallo. "Das Einzige, was uns interessiert, sind Lösungen für die anstehenden Herausforderungen."
Cavallo stellte jedoch auch klar, dass in diesen bewegten Zeiten Vertrauen gut sei, Kontrolle aber besser: "Ich habe keine Lust, mich weiter auf Zusagen des Konzernvorstands zu verlassen, die am Ende eh nicht eingehalten werden", kritisierte sie.
Das "Handelsblatt" hatte am Mittwoch unter Berufung auf Konzern- und Aufsichtsratskreise berichtet, dass die Vertreter der Arbeitnehmerseite auf der Aufsichtsratssitzung am vergangenen Mittwoch Diess das Vertrauen entzogen hätten. Begründet worden sei dies mit unabgestimmten Überlegungen des Konzernchefs über den Abbau von 30.000 VW-Mitarbeitern sowie operativen Mängeln. Aus Unternehmenskreisen hieß es zu dem Bericht, es würden derzeit "konstruktive und vertrauliche Gespräche geführt".
(W. Winogradow--BTZ)