VW-Chef Diess warnt vor Szenario mit Abbau von 30.000 Stellen
Volkswagen-Chef Herbert Diess hat einem Bericht des "Handelsblatts" zufolge in einer Aufsichtsratssitzung vor einem Szenario gewarnt, in dem der Autobauer wegen der Umstellung auf Elektrofahrzeuge bis zu 30.000 Stellen in Deutschland streichen müsste. Diess habe in der Sitzung am 24. September über seine Sorge um die Zukunft des Unternehmens gesprochen; im Wettbewerb zur Konkurrenz stimmten die Kosten nicht, berichtete das "Handelsblatt" am Mittwoch. Bei einem radikalen Umbau könnte jede vierte Stelle wegfallen.
Ein VW-Sprecher erklärte, es stehe außer Frage, dass der Konzern sich "angesichts der neuen Marktteilnehmer" mit der Wettbewerbsfähigkeit des Werks in Wolfsburg befassen müsse. Der US-Hersteller Tesla in Grünheide werde "neue Maßstäbe in der Produktivität und bei den Skalen setzen". Die Debatte sei jetzt angestoßen "und es gibt bereits viele gute Ideen. Konkrete Szenarien gibt es nicht".
Aus Arbeitnehmerkreisen aus dem Aufsichtsrat verlautete gegenüber AFP, Diess habe offensichtlich über ein langfristiges Extremszenario spekuliert und dabei Bezug auf 1994 und die Viertagewoche genommen, die den damals nötigen Abbau von rund 30.000 Arbeitsplätzen abwendete. "Damals lag das Unternehmen am Boden und war kaum noch wettbewerbsfähig. Wie gesagt: damals."
Auch die Arbeitnehmerkreise betonten, VW müsse in den kommenden Jahren die Weichen richtig stellen, um wettbewerbsfähig zu bleiben "auch in der neuen, stark digitalisierten und zunehmend elektromobilisierten Welt". Blieben diese Weichenstellungen aus oder fielen falsch aus, "könnte das im Extremfall auch Auswirkungen auf die Beschäftigungssicherung haben".
Ein Abbau von 30.000 Arbeitsplätzen - das wäre in der Volkswagen AG jeder vierte - aber "ist absurd und entbehrt jeder Grundlage", sagte ein Sprecher des Betriebsrates. Volkswagen hat weltweit rund 200.000 Beschäftigte. In Deutschland sind es 120.000.
Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer sagte der "Neuen Osnabrücker Zeitung", die steigende Konkurrenz durch den US-Rivalen Tesla mit dessen neuem Werk in Grünheide südöstlich von Berlin müssten alle deutschen Autobauer "sehr ernst nehmen". Er geht nach eigenen Worten davon aus, dass Tesla etwa 20 Prozent unter Tarif bezahlen wird.
Gleichzeitig profitiere das in Brandenburg geplante Werk von der Nähe zu Polen. "Das Lohnniveau in Polen ist deutlich geringer als in Deutschland. 20 Prozent unter dem Tariflohn in Deutschland wäre für einen polnischen Beschäftigten noch immer eine sehr gute Bezahlung", sagte Dudenhöffer der Zeitung. Das Tesla-Werk werde zudem in erheblichem Maße automatisiert sein.
"Es ist wichtig, dass VW diese Zeichen erkennt und versucht, Wolfsburg wettbewerbsfähiger aufzustellen", sagte Dudenhöffer. "Diess hat recht – VW muss den Gürtel enger schnallen und deutlich dynamischer werden."
(F. Schulze--BTZ)